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Interview: Vegane Aktionswoche bei der KfW-Bank

Vom 12.11. bis 16.11.2018 fand im Mitarbeiterrestaurant der KfW-Bank in Berlin eine vegane Aktionswoche statt. Gäste konnten in dieser Zeit täglich wechselnde vegane Vor- und Hauptspeisen sowie Desserts wählen. Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen und sie zu den Hintergründen, den Herausforderungen und dem Erfolg der Aktion befragt.


Teresa Sommer leitet für Aramark das Mitarbeiterrestaurant der Berliner KfW-Bank, in dem Maik Schmidt als Koch tätig ist. Er hat kürzlich eine Zusatzausbildung zum vegan-vegetarischen Koch abgeschlossen.


Wie kamen Sie persönlich zu dem Thema »vegan« und aus welchen Gründen haben Sie sich entschlossen, das Thema auch in der KfW in den Fokus zu rücken?


Maik Schmidt: Mich hat vor drei Jahren eine Freundin auf das Thema aufmerksam gemacht. Daraufhin habe ich mich näher mit dem Veganismus auseinandergesetzt und mich dann in erster Linie wegen der gesundheitlichen Vorteile für eine vollwertige vegane Ernährung entschieden. Selbstverständlich spielten die Ethik und die Auswirkungen unserer Ernährung auf unsere Umwelt auch eine Rolle.


Teresa Sommer: Wir haben bei der KfW-Bank bereits ein vielfältiges Angebot im vegetarischen Bereich. Herr Schmidt hat mein Interesse geweckt, viele Gerichte auch vegan anzubieten bzw. kreative Hauptgerichte auf den Menüplan zu nehmen. Die vegane Woche war das Abschlussprojekt seiner externen Weiterbildung zum vegan-vegetarischen Koch. Dabei wollten wir ihn als Team unterstützen.


Was waren die Gründe für die KfW Bank, ein solches Angebot zu implementieren?


Teresa Sommer: In unserem Vertrag mit der KfW ist festgelegt, dass vegane Gerichte Bestandteil des Menüplans sein müssen. Wir versuchen aber nicht nur die geforderten Angebote umzusetzen, sondern einiges mehr.


Wie gestaltete sich der Weg vom Konzept zur Umsetzung in der Küche?


Teresa Sommer: Es war weniger schwierig als erwartet. Herr Schmidt hat die gesamte Vorarbeit geleistet; ich habe dann nur die Rezepte in unserem Kalkulationsprogramm hinterlegt und daraus einen Menüplan erstellt. Die Menüpläne wurden im Ausschuss besprochen. Dieser besteht aus je zwei Vertretern der Personalabteilung und des Betriebsrats sowie unserem Ansprechpartner bei der KfW, dem Küchenleiter und mir. In der Sitzung waren alle Ausschussmitglieder interessiert und gespannt auf die Gerichte. Die Kunst war es dann, die Gerichte in den Menüplan zu integrieren, ohne dass den Gästen etwas fehlt. Von unseren drei Hauptgerichten pro Tag war in der Aktionswoche eins vegan. Eine Vorspeise, eine Suppe sowie ein Dessert und verschiedene Beilagen waren ebenfalls vegan – nach dem Motto »Jeder darf, keiner muss«.


Was waren die Herausforderungen bei der Vorbereitung und Umsetzung der Aktion?


Teresa Sommer: Die größte Herausforderung war das Kochen vor Ort. Herr Schmidt hatte die Gerichte zwar zu Hause erprobt, allerdings macht es einen großen Unterschied, ob man für eine kleine Gruppe kocht oder bis zu 200 Portionen eines Gerichts zubereitet.


Maik Schmidt: Bei der Planung war es mir wichtig, den Gästen zu zeigen, wie vielfältig eine vegane Ernährung sein kann. Des Weiteren habe ich auf die Saisonalität und das simple Umsetzen der Rezepte geachtet. In der Aktionswoche selbst war eine gute Vorbereitung das A und O. So gelang es uns, alle Speisen rechtzeitig zur Restaurantöffnung um 11:30 Uhr fertigzustellen, auch wenn es nicht immer ganz einfach war.


Gab es Besonderheiten in der Kommunikation sowie der Kennzeichnung der Speisen im Vergleich zum gewohnten Tagesgeschäft?


Teresa Sommer: Die veganen Gerichte wurden mit einem eigenen Logo versehen.
Als kleinen Anreiz gab es für ein komplett veganes Menü auf dem Tablett 1 € Rabatt. Außerdem gab es Infoflyer zum Thema »vegane Ernährung«. Bereits eine Woche vor Beginn der Aktion hat sich Herr Schmidt in einem Infoflyer vorgestellt und erläutert, warum wir die vegane Aktionswoche durchführen. In der Woche selbst haben wir versucht, in den Flyern alle relevanten Themenbereiche anzusprechen: Ökologischer Fußabdruck, Massentierhaltung, gesundheitliche Aspekte. Jeden Tag gab es einen Flyer, immer zu einem neuen Thema.


Welche Speisen haben Sie angeboten? Welche kamen besonders gut an?


Teresa Sommer: Das Menü war sehr abwechslungsreich. Als Suppen haben wir Kürbiskernsuppe und eine scharfe asiatische Gemüsesuppe angeboten. Die zwei Vorspeisen, die sich am besten verkauft haben, waren »Gemüse-Tempura mit Joghurt-Limetten-Minz-Dip« und »Healthy Autumn Bowl«. Als Hauptspeise haben wir u. a. knusprige Feto-Stäbchen an Kräuter-Remouladensauce mit Brokkoli und Bratkartoffeln sowie einen Burger angeboten. Auch eine Paella und ein würziger Seitan-Hackbraten standen zur Auswahl. Am besten kam ein Cashew-Pilz-Curry bei den Gästen an. Die Desserts waren Schokocreme an Pflaumensauce, Orangenpolenta mit Walnüssen, Apfel-Nuss-Crumble, Käsekuchen und Schokoparfait.


Wie haben die Gäste auf die Aktion reagiert?


Teresa Sommer: Mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis. Einige Gäste beließen es bei einem einfachen »Tolle Aktion, macht weiter so«. Andere waren sehr begeistert, haben sich für die Aktionswoche bedankt und freuen sich in Zukunft über mehr vegane Gerichte. Es kamen auch einige Anfragen für das ein oder andere Rezept. Selbstverständlich gab es auch ein paar kritische Stimmen, aber die abschließende Umfrage fiel sehr positiv aus.


Und wie fiel die Reaktion Ihrer Kollegen in der Küche aus, Herr Schmidt?


Maik Schmidt: Meine Kollegen haben das im Großen und Ganzen gut aufgefasst. Auch wenn sich der ein oder andere einen »lustig« gemeinten Spruch nicht verkneifen konnte, haben sie mich während der gesamten Woche unterstützt. Ein Großteil meiner Kollegen war vorher schon recht offen, was vegane Speisen angeht. Bei einigen Kollegen hat sich diese Ansicht noch etwas verstärkt. Vielleicht greifen sie in Zukunft auch häufiger zum vegetarischen bzw. veganen Gericht.


Sie haben kürzlich eine Zusatzausbildung zum vegan-vegetarischen Koch absolviert. Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen die Ausbildung viele neue Erkenntnisse gebracht hat?


Maik Schmidt: Auf jeden Fall. In den Studienbriefen habe ich eine Menge über die ernährungsphysiologische Bedeutung von Nährstoffen gelernt und erfahren, aus welchen Lebensmitteln ich diese beziehen kann. Bei den Praxistagen wurden uns in erster Linie verschiedene Prinzipien nähergebracht, mit denen man Gerichte oder auch ganze Menüs vegan gestaltet. Mit diesem Wissen kann ich jetzt nahezu jedes Gericht »veganisieren«.


Wie sehen Sie generell die aktuelle Ausbildungssituation in diesem Gebiet in Deutschland?


Maik Schmidt: Meine Ausbildung zum Koch habe ich in Österreich absolviert. Daher kann ich leider nicht aus eigener Erfahrung über die deutsche Ausbildung sprechen. Ich habe jedoch gehört, dass das Ausbildungssystem recht veraltet ist und vegetarische bzw. vegane Gerichte keine Rolle in der Ausbildung spielen, was ich persönlich sehr traurig finde. Da die Nachfrage nach solchen Gerichten stetig steigt, sollte man das Ausbildungssystem schnellstmöglich modernisieren.


Welche Vorteile und Chancen ergeben sich Ihrer Meinung nach aus einem größeren pflanzlichen Angebot in der Gemeinschaftsverpflegung?


Teresa Sommer: Gesunde Ernährung spielt für immer mehr Firmen eine große Rolle. Ich sehe hier die Chance, Menüpläne anders zu gestalten und vielleicht nur noch ein Fleischgericht anzubieten. Es lohnt sich hier, einen Blick auf die junge Generation zu werfen. Junge Menschen setzen sich deutlich mehr mit den Themen Ressourcenverschwendung, Massentierhaltung und Ernährung auseinander als ihre Eltern. Das sind die Gäste und Entscheider der Zukunft!


Welchen Anteil hat das vegane Angebot an Ihrem Gesamtumsatz?


Teresa Sommer: Der Anteil ist mit etwa 5 % noch sehr gering. Die Zahl der Gäste, die vegetarisch oder vegan essen, steigt allerdings stetig. Etwa ⅓ aller Gäste greift mittlerweile zum vegetarisch-veganen Angebot.


Würden Sie bei einer zweiten veganen Aktionswoche etwas anders machen?


Teresa Sommer: Ich würde vorab eine Gästebefragung durchführen und nach veganen »Wunschmenüs« fragen. Ich glaube, dass wir so besser herausfinden können, was unsere Gäste zu diesem Thema bewegt. Vegane Gerichte werden viel diskutiert, gerade Alternativprodukte wie Seitan, Tempeh und Tofu sind hier immer wieder im Fokus. Diese Produkte würde ich den Gästen zum Probieren anbieten – an einem separaten Stand mit einem Mitarbeiter, der auch Fragen dazu beantworten kann.


Maik Schmidt: Falls es ein nächstes Mal gibt, was ich hoffe, wird es keine Fleischalternativen mehr geben. Speisen wie Seitan-Hackbraten oder Feto-Stäbchen sind nicht gut bei unseren Gästen angekommen, teils wegen des hohen Verkaufspreises – gerade Seitan ist sehr teuer – teils geschmacklich. Auch der Ausdruck »Hackbraten”«hat viele irritiert. Die Speisen würde ich außerdem noch vollwertiger gestalten, indem ich Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte in den Mittelpunkt rücke. Diese sind günstig im Einkauf und vielseitig kombinierbar mit den unterschiedlichsten Gemüsesorten. So könnten wir das Thema gesunde Ernährung ebenfalls mit aufgreifen, was in vielen Firmen immer mehr an Bedeutung gewinnt.


Welches Fazit ziehen Sie insgesamt aus der Aktionswoche? Was planen bzw. wünschen Sie sich für die zukünftige Gestaltung der Menüpläne?


Teresa Sommer: Ich persönlich fand die Woche sehr gelungen. In Zukunft würde ich statt einer einzelnen Aktionswoche ein generell breiteres veganes Angebot befürworten. Zum Beispiel mit veganen Dressings und Desserts, die man dann aber nicht extra als »vegan« bewirbt, sondern beispielsweise einfach als »Sojajoghurt mit Apfelkompott« anbietet.


Maik Schmidt: Ich würde mich freuen, wenn es drei- bis fünfmal pro Woche ein veganes Gericht geben würde. Durch die Rückmeldung einiger Gäste weiß ich, dass sie das ebenfalls sehr begrüßen würden. Des Weiteren fände ich es schön, wenn wir auf Fleisch aus der Massentierhaltung verzichten und unser Fischangebot komplett streichen würden, um ein Zeichen gegen die Überfischung der Meere zu setzen.


Vielen Dank für das Gespräch!