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Unternehmen im Benchmarking

Der Business Benchmark on Farm Animal Welfare 2018 (BBFAW) hat zum siebten Mal Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft unter die Lupe genommen und deren Tierschutz-Richtlinien und -Maßnahmen verglichen. Die Ergebnisse des Benchmarkings werden von den Tierschutzorganisationen Compassion in World Farming und World Animal Protection herausgegeben. Sie bieten damit eine Orientierung für Investoren und schärfen das Bewusstsein der Unternehmen für Probleme sowie Verbesserungsmöglichkeiten in der Tierhaltung.


Der aktuelle BBFAW-Bericht zeigt, dass sich mittlerweile mehr als die Hälfte der weltgrößten Lebensmittelunternehmen darauf konzentriert, Tierschutz-Themen effektiv zu managen. Firmen aus Großbritannien schneiden dabei besonders gut ab. Bei den neun deutschen Unternehmen im Ranking besteht hingegen teilweise deutlicher Verbesserungsbedarf.

Das Benchmarking im Überblick

Der BBFAW 2018 vergleicht 150 Unternehmen aus den Branchen »Lebensmitteleinzelhandel«, »Großhandel«, »Restaurants und Bars« sowie »Lebensmittelproduktion« anhand ihrer Tierschutz-Richtlinien. Sie werden in 35 Kategorien bewertet und erreichen auf Basis ihrer Gesamtpunktzahl eine von sechs Bewertungsstufen. Die oberste Stufe (»branchenführend«) umfasst Unternehmen, die mehr als 80 % aller erzielbaren Punkte erreichen. Im aktuellen Benchmarking sind das die Coop Gruppe, Cranswick, Marks and Spencer, Noble Foods und Waitrose.


Die Gewichtung der Kriterien wurde im Vergleich zu den Vorjahren etwas angepasst: Der Bereich »Performance Reporting and Impact«, der auf die tatsächliche Umsetzung der Richtlinien abzielt, geht jetzt zu 35 % in die Bewertung ein. In den Vorjahren waren es 24 %. Die Gewichtung der Performance soll in den kommenden Jahren sukzessive weiter steigen. Trotz dieser Veränderung sind 17 Unternehmen auf den ersten beiden Stufen gelandet – sie haben den Tierschutz fest in ihrer Geschäftsstrategie verankert. 19 Unternehmen haben sich um mindestens eine Stufe verbessert.


70 Unternehmen bilden im BBFAW 2018 die Schlusslichter auf den Stufen 5 und 6. Sie liefern wenig oder gar keine Informationen über ihren Umgang mit Tierschutzthemen und zeigen, dass sie noch eine Menge Arbeit vor sich haben. Auf den letzten Stufen sind fast alle der 43 Unternehmen gelandet, die 2018 zum ersten Mal an dem Benchmarking teilgenommen haben.

Verbesserungspotenzial bei deutschen Unternehmen

Unter den 150 Unternehmen im Benchmarking sind neun aus Deutschland. Von ihnen konnte nur Lidl seine Platzierung verbessern:
  • Aldi Nord, Aldi Süd, die Metro Group (vertreten durch Real) und Rewe bleiben wie schon 2017 auf Stufe drei (»Das Unternehmen hat bereits Maßnahmen etabliert, diese aber noch nicht vollständig umgesetzt«).
  • Lidl klettert von Stufe vier auf Stufe drei.
  • Kaufland rutscht von Stufe drei auf Stufe vier (»Das Unternehmen macht Fortschritte bei der Implementierung«, wobei in diesem Fall leider wenig Fortschritt zu sehen ist). Hier landet auch die Tönnies Gruppe, ein Neuzugang im Benchmarking.
  • Sehr unerfreulich ist, dass sowohl Edeka als auch die Müller Gruppe wie bereits im Vorjahr auf der letzten Stufe landen (»Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Thema Tierschutz in der Geschäftsstrategie berücksichtigt wird«). Diese Unternehmen sehen offenbar keine Notwendigkeit, das wichtige Thema Tierschutz auf die Tagesordnung zu setzen.

Die Ergebnisse im Detail

130 der insgesamt 150 Unternehmen im BBFAW erkennen den Schutz von Nutztieren als ein relevantes Geschäftsthema an. 69 % können offizielle, umfassende Richtlinien zu diesem Thema vorweisen. Viele davon beschränken sich jedoch auf einzelne Regionen, Tierarten und/oder Marken.

Richtlinien vor allem zur eingeschränkten Bewegungsfreiheit von Tieren

Die meisten der veröffentlichten Tierschutz-Policies (77 %) beinhalten ein Verbot der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit von Tieren – allerdings lückenhaft: »Viele der Verpflichtungen beschränken sich auf die Themen, in denen der Druck von NGOs, Kunden, Regulierungsbehörden und Investoren am größten ist«, heißt es in dem BBFAW-Bericht. Nur 5 % der Richtlinien gelten für alle relevanten Tierarten, Regionen und Produkte.


Neben der eingeschränkten Bewegungsfreiheit beleuchtet der BBFAW noch eine Reihe weiterer Tierschutz-Themen. Diesen schenken die Unternehmen in ihren Richtlinien jedoch weit weniger Beachtung. Beispielsweise thematisieren nur 55 % der Richtlinien die Reduktion prophylaktisch eingesetzter Antibiotika. Der Verzicht auf routinemäßige Amputationen und das Betäuben der Tiere vor der Schlachtung finden in nur 41 % der Papiere Beachtung. Lediglich 24 % gehen darauf ein, die Dauer von Lebendtransporten auf acht Stunden oder weniger zu begrenzen.

Fortschritte in diversen Bereichen

Etwa die Hälfte aller im BBFAW vertretenen Unternehmen hat den Tierschutz mittlerweile in seine Managementprozesse eingebunden. So haben beispielsweise 71 % aller Unternehmen tierschutzrelevante Ziele und Vorgaben formuliert und 44 % Tierschutzthemen in ihre Lieferantenverträge aufgenommen. 57 % beschreiben, wie sie den Umgang ihrer Zulieferer mit diesen Vorgaben überwachen.


Forschung und Entwicklung sind laut dem BBFAW »wichtige Bausteine für den Fortschritt im Tierschutz«. Als ein Beispiel für die 46 Unternehmen, die Forschungsvorhaben vorantreiben, nennt der Bericht die Rewe Gruppe: Sie investiert in Projekte, die sich mit alternativen Haltungsmethoden beschäftigen, um z. B. das Schwanzbeißen bei Schweinen zu reduzieren oder das Schnabelkürzen bei Legehennen zu beenden.

Implementierung und Kontrolle der Richtlinien

Immer mehr Unternehmen berichten öffentlich darüber, wie erfolgreich sie ihre Richtlinien umsetzen. 62 % veröffentlichen inzwischen zumindest einige konkrete Leistungsdaten. Rechnet man die Unternehmen heraus, die 2018 erstmals am Benchmarking teilgenommen haben, sind es sogar 72 %. Der BBFAW zählt zu diesen Daten beispielsweise genaue Angaben zum Anteil der Tiere, die nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. 51 % der Unternehmen informieren darüber (2014 taten das nur 18 %). Die anderen Tierschutzthemen fallen stark dahinter zurück. Grundsätzlich gibt es im Hinblick auf die tatsächliche Performance der Unternehmen noch viel Luft nach oben, wie die folgenden Ergebnisse zeigen:
  • Nur neun Unternehmen erklären, dass alle Legehennen in ihrer Lieferkette nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.
  • 39 Unternehmen informieren über die Haltung der Schweine in ihrer Lieferkette. Nur drei von ihnen geben an, dass 100 % dieser Schweine nicht in Kastenständen leben müssen.
  • 17 Unternehmen gehen in ihren Berichten auf die Anzahl der Masthühner ein, die in Ställen mit einer Besatzdichte von 30 kg/m 2 oder weniger gehalten werden. Nur vier von ihnen geben an, dass dies auf alle Masthühner in ihrer Lieferkette zutrifft.

Fazit: Der BBFAW stößt Verbesserungen an

Der Schutz von Nutztieren ist längst kein Nischenthema mehr. Immer mehr Unternehmen, Investoren und Stakeholder konzentrieren sich auf die Tierhaltung sowie die damit verbundenen Probleme und Risiken . Um die Unternehmen anhand ihrer Leistung und Wirkung miteinander vergleichen zu können, sind Veröffentlichungen wie der BBFAW sehr wichtig.


Der diesjährige BBFAW zeigt, dass sich Unternehmen ihrer Verantwortung immer bewusster werden. Trotzdem wird deutlich, dass es noch viel zutun gibt. Das zeigen leider insbesondere auch die deutschen Unternehmen Edeka und Müller.