Schnell wachsende Hühner können besonders stark von Campylobacter-Infektionen betroffen sein. Der Stress, dem diese Tiere unter den branchenüblichen Haltungsbedingungen ausgesetzt sind, wirkt sich zusätzlich negativ auf ihr Immunsystem aus. Die RSPCA zitiert Studien, denen zufolge Campylobacter bei schnell wachsenden Hühnerrassen nicht nur ansteckender ist, sondern die Entzündungsreaktionen bei ihnen auch schwerer und länger anhaltend sind. Die Infektion führt zu Darmschäden sowie Durchfall – und die dadurch verunreinigte und nasse Einstreu verursacht weitere gesundheitliche Probleme wie Fußentzündungen.
Der Stress hat bei Masthühnern verschiedene Auslöser. So können sie etwa ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht ausleben und sind gezwungen, mit ihren Artgenossen auf viel zu engem Raum zu leben. Dieser Stressfaktor würde bei langsamer wachsenden Linien, die zudem unter den Bedingungen der Masthuhn-Initiative aufwachsen, deutlich kleiner ausfallen, weil die Besatzdichten hier geringer sind.
Als einen weiteren großen Stressfaktor nennt der Bericht der RSPCA das Vorgreifen – also den Vorgang, bei dem im Laufe der Mast ein Teil der Hühner eingefangen und zum Schlachthof transportiert wird. Doch das Vorgreifen ist nicht nur Stress-, sondern auch Risikofaktor, denn Campylobacter-Bakterien können während des Vorgreifens in den Stall gelangen und so ganze Herden infizieren. Die RSPCA führt eine Studie an, bei der 209 Proben untersucht wurden, die vor dem Vorgreifen auf den Stiefeln von ArbeiterInnen, Gabelstaplern, Paletten und anderen Arbeitsgeräten gesammelt wurden. Auf 53 % dieser Proben konnte Campylobacter nachgewiesen werden.
Im Rahmen der Masthuhn-Initiative sollte das Vorgreifen vermieden werden und darf maximal einmal pro Mastdurchgang durchgeführt werden. So wird Stress weiter verringert und das Kontaminationsrisiko minimiert.
Risiken für den Menschen
Die Campylobacter-Enteritis ist mit 60.000 bis 70.000 übermittelten Fällen die in Deutschland häufigste meldepflichtige bakterielle Krankheit. Geflügelfleisch – insbesondere von Hühnern – ist die bedeutendste Infektionsquelle. Das Infektionsrisiko bei Hühnern zu reduzieren, kann also auch ganz konkrete, positive Auswirkungen auf den Menschen haben.
Ein weiterer Faktor ist der Antibiotikagebrauch: Es ist bekannt, dass die Massentierhaltung zur Entstehung von antibiotikaresistenten Keimen beiträgt. Nach Informationen von Compassion in World Farming ist bei langsamer wachsenden Vögeln die Wahrscheinlichkeit, dass sie wegen einer Krankheit Antibiotika benötigen, dreimal geringer als bei schnell wachsenden Rassen.
Eine Umstellung auf langsamer wachsende Rassen würde somit nicht nur das körperliche Leiden der Hühner verringern, sondern – da diese besser in der Lage sind, Infektionen zu bewältigen – auch den Gesamtverbrauch an Antibiotika. So könnte das Risiko der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen weiter gesenkt werden.
Fazit
Campylobacter wirkt sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Hühnern aus, insbesondere bei den branchenüblichen schnell wachsenden Rassen. Doch auch die menschliche Gesundheit wird durch das Bakterium beeinträchtigt.
Eine Umstellung auf langsamer wachsende Rassen und höhere Haltungsstandards, wie sie die Europäische Masthuhn-Initiative vorsieht, würde nicht nur das Leben von Millionen von Vögeln erheblich verbessern, sondern vermutlich auch die Campylobacter-Infektionen beim Menschen verringern und zudem das Problem der Antibiotika-Resistenzen entschärfen.