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Einordnung von aktuellen Kampagnen

In den letzten Monaten haben wir zwei Kampagnen gestartet, die nicht ganz typisch für uns sind: Wir fordern die Entlassung der NRW-Landwirtschaftsministerin und unterstützen eine Verbandsklage, die das Ziel hat, die Putenhaltung in Deutschland komplett zu verändern. Beides möchten wir kurz in den Gesamtzusammenhang stellen.

Kampagne zur Entlassung der NRW-Ministerin

Im Schweinestall von Ministerin Schulze Föcking (sie war mindestens bis zu ihrer Amtsübernahme Gesellschafterin) wurden Aufnahmen gemacht, die selbst Fachleute schockieren und nur aufgrund einer wochenlangen Vernachlässigung der Tiere entstehen konnten. Auch wenn sich die Ministerin laut eigenen Angaben aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, ist sie sowohl ethisch als auch juristisch in der Mitverantwortung – letzteres geht sowohl aus der ständigen Rechtsprechung des BGH als auch aus diesen Erläuterungen von Prof. Jens Bülte hervor. Dass die Staatsanwaltschaft Münster dazu eine ganz andere Sichtweise hat, ist für uns äußerst besorgniserregend.


Insgesamt ist es unsere Auffassung, dass eine Ministerin, die noch nicht einmal den Tierschutz in ihrem Familienbetrieb gewährleisten kann, völlig ungeeignet dafür ist, den Tierschutz in einem ganzen Bundesland sicherzustellen oder gar weiterzuentwickeln. Diesen Standpunkt vertreten wir offensiv, um die öffentliche Diskussion zu dieser Frage lebendig zu halten.


Während freundliche Gespräche zwischen Tierschutzorganisationen und konservativen Politikern äußerst selten zu greifbaren Verbesserungen führen, machen wir in der Lebensmittelwirtschaft zum Glück andere Erfahrungen: Tierschutzstandards werden laufend schrittweise angehoben – zunächst meistens von einigen Vorreitern, dann von ganzen Branchen. Deshalb führen wir auch selten Negativkampagnen durch, und das auch erst dann, wenn wir das Gefühl haben, dass sich anders (fast) nichts bewegen lässt.

Verbandsklage Putenmast

Aus unserer Sicht werden die Standards des Tierschutzgesetzes in den meisten Haltungsformen aller Nutztierarten unterlaufen. Das ist zunächst nur die Meinung der (nach unserer Wahrnehmung gesamten) Tierschutzbewegung – politisch und rechtlich kommt ihr aber derzeit noch wenig Gewicht zu.


Die Rechtsauffassung der Tierschutzbewegung gerichtlich neutral überprüfen zu lassen, halten wir für einen wichtigen und notwendigen Schritt, um festzulegen, wo eigentlich die Basis für Tierschutzverbesserungen liegt. Aus unserer Sicht mühen wir uns derzeit ab, um den rechtlichen Mindeststandards langsam aber sicher näherzukommen (und sie doch oft noch nicht zu erreichen). Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, das Instrument der gerichtlich neutralen Klärung verstärkt einzusetzen bzw. andere Organisationen dabei zu unterstützen. Mit den gängigen Standards in der Putenhaltung, die wir als besonders tierschutzwidrig einschätzen, machen wir den Anfang.


Dabei geht es uns nicht darum, die Tierhaltung durch eine Erhöhung der deutschen Standards ins Ausland zu verlagern. Ganz im Gegenteil: Wir setzen darauf, dass hiesige Unternehmen ein Interesse daran haben, dass ihre Angebote die hier gültigen Standards erfüllen oder übertreffen. Bewusst ist uns, dass eine Anhebung der Standards in Deutschland die Exportchancen der hiesigen Produzenten – zumindest derzeit – verschlechtert. Die Einhaltung des geltenden Tierschutzrechts sowie die Linderung des Leids in der Nutztierhaltung müssen aber Vorrang haben – hoffentlich nicht nur aus unserer Sicht.

Fazit

Negativkampagnen wie derzeit gegen die Landwirtschaftsministerin von NRW starten wir in der Lebensmittelwirtschaft nur dann, wenn vorherige Gespräche scheitern. Das ist äußerst selten der Fall.


Auch falls unsere Absichten, die derzeitig üblichen Standards in der Nutztierhaltung gerichtlich überprüfen zu lassen, bei Produzenten vielleicht zu Empörung und/oder Attacken gegen unsere Stiftung führen werden: Wir sehen dies als äußerst wichtig an, um zu klären, wo das rechtlich vorgegebene Tierschutz-Basisniveau tatsächlich liegt.