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Five Provisions & Welfare Aims: Nachfolger der Five Freedoms

Wenn Unternehmen in ihren Einkaufspolitiken Tierschutzaspekte verankern, greifen sie dabei häufig auf das Konzept der »Fünf Freiheiten« (Five Freedoms) zurück. Anhand dieses einfachen und international bekannten Prinzips lassen sich verschiedene Mess- und Bewertungssysteme für die Tierhaltung entwickeln, aber das Konzept hat bedeutende Schwächen. Es ist daher an der Zeit, den jahrzehntealten Standard der Fünf Freiheiten zu überdenken und Alternativen zu implementieren.

»Fünf Freiheiten« sind nicht mehr zeitgemäß

Das britische Farm Animal Welfare Council (FAWC) formulierte die »Fünf Freiheiten« in den 1970er Jahren. Zu dieser Zeit waren sie das erste Konzept ihrer Art in der Tierschutzdebatte – und als solches durchaus zu begrüßen. Mittlerweile sind die »Fünf Freiheiten« jedoch veraltet: Ihr Ziel – eine völlige Freiheit von negativen Erlebnissen – ist nicht zu erreichen. Solche Erlebnisse können lediglich auf ein niedriges Level reduziert werden. Die »Fünf Freiheiten« lassen darüber hinaus positive Erlebnisse von Tieren völlig außer Acht, sind kaum differenziert und formulieren keine klaren Tierschutzstandards. Zudem hat die Wissenschaft in den letzten 30 Jahren zahlreiche neue Erkenntnisse über die Bedürfnisse und Erlebnisse von Tieren gewonnen, die von diesem Konzept nicht berücksichtigt werden.

»Fünf Maßnahmen und Tierschutzziele« als Alternative

Die »Fünf Freiheiten« wurden bereits in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt. Den vielversprechendsten Ansatz stellen dabei aus unserer Sicht die »Fünf Maßnahmen und Tierschutzziele« (»Five Provisions and Animal Welfare Aims«) dar. Sie entsprechen dem Stand der Wissenschaft und sehen bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Erweiterungen vor. Zudem können sie Unternehmen dabei helfen, klare Leitlinien für die Tierhaltung und für Tierschutzstandards abzuleiten.

Die »Fünf Maßnahmen und Tierschutzziele« wurden 2016 von David Mellor vorgestellt, einem Professor am Animal Welfare Science and Bioethics Centre in Neuseeland. Er führt darin fünf Maßnahmen auf, die beispielsweise auf Ernährung, Verhalten und Gesundheit der Tiere abzielen, und ergänzt diese durch damit verbundene Tierschutzziele:

Maßnahmen Tierschutzziele
Positive mentale Erlebnisse: Sichere, geeignete und der Tierart angemessene Möglichkeiten für angenehme Erlebnisse bieten Verschiedene Formen von Wohlbefinden, Annehmlichkeiten, Interesse, Selbstvertrauen und das Gefühl der Kontrolle fördern
Gute Umgebungsbedingungen: Schatten/Schutz bzw. angemessene Unterbringung, gute Luftqualität und bequeme Ruhebereiche zur Verfügung stellen Unwohlsein und Belastungen auf ein Mindestmaß reduzieren sowie das thermische, körperliche und weitere Wohlbefinden fördern
Gute Gesundheit: Erkrankungen und Verletzungen vorbeugen oder schnell diagnostizieren und behandeln sowie einen guten Muskeltonus, eine gute Körperhaltung und eine gute kardiorespiratorische Funktion fördern Atemnot, Übelkeit, Schmerzen und andere aversive Erfahrungen auf ein Mindestmaß reduzieren und das durch Robustheit, Vitalität, Stärke und gut aufeinander abgestimmte körperliche Aktivitäten hervorgerufene Wohlbefinden fördern
Gute Ernährung: Einen leichten Zugang zu frischem Wasser ermöglichen und die Ernährung so gestalten, dass volle Gesundheit und Vitalität aufrechterhalten bleiben Durst und Hunger auf ein Mindestmaß reduzieren und Futteraufnahme als angenehmes Erlebnis gestalten
Artgemäßes Verhalten: Ausreichend Platz, eine adäquate Ausstattung, passende Gesellschaft und angemessen variierende Haltungsbedingungen bereitstellen bzw. ermöglichen Bedrohungen und unangenehme Verhaltensbeschränkungen auf ein Mindestmaß reduzieren und Teilnahme an wohltuenden Aktivitäten fördern

Die Vorteile dieses Ansatzes liegen u. a. darin, dass er das Wohlergehen von Tieren in leicht verständlichen Begriffen ausdrückt sowie dazu anhält, negative Erlebnisse für das Tier zu minimieren und positive Erlebnisse zu fördern – und zwar durch praktische Maßnahmen, die mehr als nur die Grundversorgung sicherstellen. Der Fokus liegt dabei nicht auf dem bloßen Überleben des Tiers, sondern auf seinem Wohlergehen und Gedeihen. Das Konzept ist einfach zu verstehen und zu merken und basiert auf dem aktuellen wissenschaftlichen Verständnis des Tierschutzes.

Unsere Empfehlung

Wir empfehlen Unternehmen, die »Fünf Freiheiten« aus ihren Einkaufspolitiken zu streichen und sie durch die »Fünf Maßnahmen und Tierschutzziele« zu ersetzen. Sollten entsprechende Papiere die »Fünf Freiheiten« noch nicht enthalten, sollten Unternehmen gleich die »Fünf Maßnahmen und Tierschutzziele« wählen. Letztere bieten ein zeitloses Rahmengerüst, das laufend mit aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen gefüllt werden kann.