Nachdem wir mit unseren Prognosen für 2020 weitestgehend richtig lagen, wagen wir erneut einen Ausblick.
Masthuhn-Initiative wird zum Standard
Die Europäische Masthuhn-Initiative hat sich seit ihrem Start exponentiell entwickelt. Ohne den Corona-Schock zu Beginn des Jahres hätten wir sicherlich wieder eine Verdopplung der Zahl der unterstützenden Unternehmen gesehen. So haben wir die Verdopplung nur knapp verfehlt. Inzwischen schließen sich trotz Corona wieder laufend Unternehmen an – sogar aus besonders hart getroffenen Branchen.
Hier die bisherige Entwicklung der Unternehmen, die sich angeschlossen haben (kumuliert):
2017: 50 Unternehmen
2018: 100 Unternehmen
2019: 200 Unternehmen
2020: 380 Unternehmen
Für 2021 wäre wieder eine Verdopplung möglich, wenn sich die Tierschutzbewegung rein auf die Zahl der Unternehmen konzentrieren würde. Wir gehen allerdings davon aus, dass der Fokus mehr und erfolgreich auf besonders große Unternehmen – insbesondere aus dem LEH – gelegt wird. Unsere Prognose für 2021 ist deshalb, dass sich die Europäische Masthuhn-Initiative unaufhaltsam zum neuen Standard entwickeln wird.
Besonders intensiv werden wir beobachten, wie sich die Initiative Tierwohl (ITW) positioniert. Die Kriterien der Masthuhn-Initiative Schritt für Schritt bis 2026 in ihrer Einstiegsstufe umzusetzen, wäre genau die richtige Entwicklung und würde der ITW auch zu dringend benötigter Glaubwürdigkeit und Akzeptanz verhelfen.
Arbeit für Fische mit Aufholpotenzial
Eine aus unserer Sicht wichtige Entwicklung ist, dass sich immer mehr NGOs die Frage stellen, wie sie besonders viel Tierleid lindern können. Dabei treten Überlegungen wie »Wie süß ist eine Tierart?« etwas in den Hintergrund und es geht mehr darum, wie viele Individuen einer Tierart wie stark leiden. Das führt automatisch zu einer höheren Priorität für Fische.
Die Aquakultur-Branche wurde und wird durch die Corona-Krise besonders hart getroffen, weil sie einen Großteil ihrer Umsätze in der Gastronomie macht. Insofern erwarten wir zwar keine großen Sprünge, aber eine stetige Entwicklung höherer Standards sollte wieder einsetzen.
Entwicklungen beim Kükentöten
Bei diesem Thema ging es in 2020 etwas langsamer voran als von uns erwartet. Politisch sehen wir die Gefahr, dass sich Julia Klöckner mit ihrem viel zu spät eingebrachten Gesetzentwurf untätig über die Bundestagswahl retten will, um dann wieder bei Null zu stehen (Stichwort: Diskontinuitätsprinzip).
Juristisch war die Tierschutzbewegung nicht so aktiv wie erwartet. Bei der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt schaffen wir gerade mehr juristische Kapazitäten.
Tätig geworden ist insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel, was zwar nicht zu einem flächendeckenden Ende des Kükentötens führt, aber Dinge in Bewegung setzt – passend zu unserem Mantra, dass die Lebensmittelwirtschaft vorangehen muss, wenn sich Dinge ändern sollen. Hut ab an alle Akteure, die für Fortschritte sorgen!
Weitere Entwicklungen bei Fleischalternativen
Die pflanzlichen Alternativen dürften ihren Kurs der laufenden Verbesserungen beibehalten. Hier tippen wir mehr auf Stetigkeit als auf große Durchbrüche, da die besten Produkte in Tests inzwischen so gut wie oder besser als Fleischprodukte abschneiden.
Im Vergleich dazu sind die Entwicklungen bei Fleisch aus Zellkulturen rasant und sogar schneller als von uns zuletzt prognostiziert: Dass entsprechende Produkte in 2020 zugelassen werden, hätten wir nicht gedacht. Auch die Abhängigkeit von Kälberserum als Teil der Nährlösung für die Zellkulturen wird derzeit beendet: Eat Just, das Unternehmen mit der ersten Zulassung, ist inzwischen soweit, wie uns aus erster Hand mitgeteilt wurde. Dieses Thema hatte bei uns bislang noch für eine gewisse Zurückhaltung gesorgt.
Positive Überraschungen könnten aus dem Bereich der Fermentation kommen. Immer mehr Hersteller von Tierprodukt-Alternativen entdecken entsprechende Verfahren für sich und die Investitionen in diesen Zweig wachsen an. Die Möglichkeiten erscheinen fast grenzenlos und wir sind überaus gespannt auf die Entwicklungen der nächsten Jahre!
Tierprodukte reduzieren
Für 2020 hatten wir prognostiziert, dass die Themen Klima und Umwelt in der Lebensmittelwirtschaft immer zentraler werden. Das ist auch eingetreten und immer mehr Unternehmen beschäftigen sich nicht nur mit den Auswirkungen ihrer direkten Tätigkeiten wie dem Transport und der Kühlung von Lebensmitteln, sondern auch mit dem ökologischen Fußabdruck der Lebensmittel selbst. Letztere bieten meist die weitaus größeren Hebel für Verbesserungen.
Für Insider nicht neu, aber noch nicht in der Breite angekommen ist Wissen darüber, dass die Tierproduktion zur Entstehung von Pandemien beiträgt. Hier ist zu hoffen, dass sich der Kenntnisstand ausweitet und Konsequenzen folgen.
Diese Entwicklung ist so begrüßenswert wie essenziell und wir werden sie ab 2021 verstärkt unterstützen. Insbesondere Tierprodukte belasten die Umwelt auf vielfältige Art und Weise. Daher werden wir Maßnahmen aufzeigen, die verbrauchten Mengen zu reduzieren und aktiv mit Unternehmen daran arbeiten. Wir freuen uns auf spannende und wichtige Projekte mit unseren LeserInnen!
Alles Gute für 2021
Wir bedanken uns für das stetig wachsende Interesse an unserer Arbeit und wünschen Ihnen alles Gute fürs kommende Jahr.
Falls Sie noch nicht gemeinsam mit uns am Fortschritt arbeiten, dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.