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Masthuhn-Report 2025: Von Blockierern und Vorbildern

Die Branche bewegt sich – aber zu langsam. Während einige Unternehmen zeigen, dass mehr Tierschutz und Wirtschaftlichkeit vereinbar sind, blockieren andere den Fortschritt durch Untätigkeit.

In deutschen Mastbetrieben werden Millionen Hühner unter häufig schlechten Haltungsbedingungen gemästet. Der Masthuhn-Report 2025 der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt zeigt: Mehr als 110 Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft haben mittlerweile erhöhte Tierschutzstandards für Masthühner zugesagt. Gleichzeitig verweigern sich bedeutende Marktakteure weiterhin systematisch notwendigen Verbesserungen. Seit 2022 überprüft die Albert Schweitzer Stiftung die Umsetzung von Selbstverpflichtungen zur Masthuhn-Initiative (MHI) in der Lebensmittelbranche. Die Bilanz fällt gemischt aus: Neben erkennbaren Fortschritten gibt es nach wie vor Unternehmen, die Verbesserungen blockieren.

Der Masthuhn-Report der Albert Schweitzer Stiftung leistet einen wichtigen Beitrag zur Transparenz in der Lebensmittelwirtschaft. Diese konsequente Überwachung schafft nicht nur Vertrauen bei Verbraucher:innen, sondern auch den nötigen Druck auf Unternehmen, ihre Selbstverpflichtungen ernst zu nehmen.

Hier können Sie sich den aktuellen Masthuhn-Report 2025 herunterladen

Die Masthuhn-Initiative: Praxistaugliche Standards für mehr Tierwohl

Die Anforderungen der MHI sind eindeutig definiert und wissenschaftlich belegt: Einsatz robusterer Zuchtlinien mit geringerer Wachstumsgeschwindigkeit, erhöhtes Platzangebot im Stall sowie effektivere Betäubung. Diese Standards führen nachweislich zu mehr Tierwohl und sind wirtschaftlich umsetzbar.

Der Report unterstreicht die Bedeutung von Transparenz: Unternehmen, die ihre Zusagen nicht durch messbare Fortschritte belegen oder unvollständige Dokumentationen vorlegen, werden im Ranking entsprechend niedriger bewertet.

2026: Frist für angekündigte Tierschutzstandards läuft ab

Die Mehrheit der Selbstverpflichtungen endet 2026. Viele Unternehmen haben sich dieses Jahr als Zielhorizont für die Etablierung höherer Tierschutzstandards gesetzt. Zur fristgerechten Erfüllung dieser Zusagen ist eine konsequente und zügige Umsetzung erforderlich.

Im Vergleich zum Vorjahr konnten 18 Unternehmen ihre Bewertung verbessern, während 13 Firmen Punktabzüge verzeichneten – auch bedingt durch verschärfte Bewertungskriterien, die unter anderem nun die sortimentsübergreifende Gültigkeit der Selbstverpflichtungen berücksichtigen.

»Tierschutzstandards sind mehr als Nice-to-have. Unternehmen, die jetzt handeln, sichern sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile – Zögerer riskieren ihre Marktposition.«
Esther Erhorn, Leiterin Lebensmittel-Fortschritt, Albert Schweitzer Stiftung

Branchenanalyse zeigt unterschiedliche Umsetzungsgeschwindigkeiten

Die Analyse von fünf Schlüsselbranchen der Lebensmittelwirtschaft belegt deutliche Fortschritte bei einem Teil der Marktakteure. Unternehmen mit verbindlichen Selbstverpflichtungen, detaillierten Umsetzungsfahrplänen und transparenter Berichterstattung zeigen messbare Erfolge. Aldi Nord und Süd, Rewe, Lidl, Penny, Globus, Hans im Glück, Tegut, Dr. Oetker, Plukon, PHW und LDC setzen die Kriterien der Masthuhn-Initiative um und demonstrieren damit: Höhere Tierschutzstandards sind in der Praxis realisierbar.

Im Kontrast dazu verweigern sich mehrere bedeutende Marktakteure weiterhin jeglichem Engagement. McDonald's und Burger King, aber auch Produzenten wie Sprehe und Rothkötter haben bislang keine verbindlichen Selbstverpflichtungen abgegeben. Diese Zurückhaltung verzögert branchenweite Verbesserungen und steht im Widerspruch zu aktuellen Anforderungen an zeitgemäße Tierschutzstandards.

Discounter und Supermärkte: Die Macht des Einzelhandels

An der Spitze des Rankings der Discounter im Lebensmitteleinzelhandel stehen Aldi Nord und Aldi Süd. Beide Unternehmen weisen ein sehr gutes, nach Kriterien aufgeschlüsseltes Reporting sowie teils große Fortschritte auf. Norma, der einzige Harddiscounter im Ranking, liegt wie schon 2024 mit insgesamt 57 % auf Stufe 3, hat aber – ebenfalls als einziger Discounter – die volle Punktzahl für sein Commitment erhalten. Von den evaluierten Discountern steht lediglich noch das Commitment von Netto ApS der dänischen Salling Group aus.

»Für die Umsetzung der Masthuhn-Initiative müssen alle Beteiligten der Lieferkette zusammenarbeiten. Gemeinsam mit der gesamten Branche will ALDI SÜD ein klares Zeichen setzen und die Politik animieren, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen und die Transformation der Tierhaltung mit konkreten Handlungen zu unterstützen.«
Dr. Julia Adou, Director Sustainability, Aldi Süd

Bei den Supermärkten erreicht Globus die höchste Punktzahl und steht somit an der Spitze im Ranking. Tegut ist im Vergleich zum Vorjahr im Ranking um zwei Stufen zurückgefallen. Grund ist, dass das Commitment bislang nur für einen Teil des Frischfleisch-Sortiments gilt – und das wurde in diesem Jahr strenger bewertet.

»Die Umstellung auf die Kriterien der Masthuhn-Initiative hat gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und eine klare Kommunikation innerhalb des Unternehmens entscheidend sind. Eine unserer Herausforderungen ist, unsere Kundinnen und Kunden dafür zu sensibilisieren für höhere Tierwohlstandards einen angemessenen Preis zu akzeptieren. Wir setzen auf eine transparente Kommunikation bspw. auf unserer Webseite, kombiniert mit Informationen, die die Vorteile der verbesserten Standards erklären.«
Frank Peifer, Bereichsleiter/Sortimentsmanager 2 _TKK/ Gefluegel-SB/Fischtheke und Fisch-SB, Globus

Auf der schlechtesten Stufe im Ranking finden sich Bartels-Langness, Edeka, Hit und Klaas & Kock sowie Netto Markendiscount und Netto ApS. Der Edeka-Verbund samt Tochter Netto Marken-Discount hat sich nach Abschluss der Datenerhebung allerdings neue Ziele entsprechend der Masthuhn-Initiative gesetzt, was sich im nächsten Report positiv in der Bewertung widerspiegeln wird.

Schlüsselrolle der Lebensmittelhersteller

Dr. Oetker und Frosta zeigen, dass sich etwas verändert, wenn man nur will. Spitzenreiter Dr. Oetker klettert von Stufe 3 auf Stufe 2. Der Hersteller weist nicht nur ein detailliertes Reporting samt Roadmap vor, sondern ist mit 86 % auch sehr weit in der Umstellung. Auch bei Frosta geht die Tendenz nach oben, unter anderem, weil die Umstellung angepackt wird.

»Wir arbeiten gemeinsam mit bestehenden Lieferanten an der Umstellung auf Hähnchenfleischprodukte nach MHI-Kriterien. Hierfür war und ist ein enger Austausch mit allen beteiligten Akteuren der Lieferkette erforderlich. Wir prüfen außerdem kontinuierlich weitere geeignete Lieferanten, Produzenten und Standards, da noch keine ausreichende Verfügbarkeit besteht.«
Alexander Sack, Executive Manager Sustainability, Dr. Oetker

Bei einem Unternehmen ist weiterhin keinerlei positive Entwicklung erkennbar: Eismann bildet im Herstellervergleich mit Abstand das Schlusslicht; bislang lässt sich leider auch keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit feststellen.

Contract Catering – Spitzenreiter beim Commitment

Erfreulicherweise haben sich die Top 10 der größten Catering-Unternehmen bereits zur MHI bekannt. Von ihnen schneidet Sodexo dank eines ausführlichen Reportings und einer Roadmap auf Stufe 3 am besten ab. Auch Apetito konnte sich um eine Stufe verbessern und erreicht mit 67 % Stufe 3. Mit 19,5 % für die Umstellung schneidet der Caterer im Vergleich zur Konkurrenz am besten ab.

»Die Masthuhn-Initiative passt zu unseren Grundwerten und zu unserem Nachhaltigkeitsplan. Für uns war die Masthuhn-Initiative in den ersten Jahren zunächst ein Auftrag, mit unseren Lieferanten über unsere Erwartungen zu sprechen. Danach haben wir an einem Hebel angesetzt, den wir direkt kontrollieren: an unserem Einkaufssystem. Bis heute haben wir dort den Anteil von Hühnerfleisch, das die Kriterien erfüllt, Schritt für Schritt erhöht. Damit entspricht heute circa 60 % der bestellbaren Rohware den Kriterien der Masthuhn-Initiative.«
Alexander Weiß, Head of Communications Germany, Sodexo

Genuss & Harmonie, Klüh und L & D haben zwar Fortschrittsberichte veröffentlicht, in denen z. B. auf die Lieferantensituation eingegangen wird, es gibt jedoch keine konkreten Angaben zur Lieferkettenumstellung. Dies sowie die fehlende Roadmap führen dazu, dass die drei Unternehmen im engen Feld der Caterer das Schlusslicht bilden.

Systemgastronomie beweist, dass Engagement sich lohnt

Hans im Glück beeindruckt: Das Burger-Restaurant hat bereits eine vollständige Umstellung auf MHI-konforme Produkte geschafft. L’Osteria zeigt, wie durch detailliertes Reporting und eine klare Roadmap Punkte gewonnen werden können. Das Unternehmen schneidet um rund 30 Prozentpunkte besser ab als im vergangenen Jahr. Dean & David ist ebenfalls zwei Stufen aufgestiegen.

»Die größte Vereinfachung lag in der zentral gesteuerten Warenbeschaffung. So konnten wir unsere Menüentwicklung und Operations reibungslos anpassen, ohne dass unsere Franchise-PartnerInnen aufwändige Einzelentscheidungen treffen mussten. Für uns müssen Qualität und Preis Hand in Hand gehen.«
Fabienne Schulte, Senior Sustainability Managerin, L’Osteria

McDonald’s und Burger King verzichten auf ein Commitment zur Verbesserung des Tierschutzes bei Masthühnern. Bedauerlich, denn mit ihrer Marktmacht hätten sie die Möglichkeit, die Lebensbedingungen vieler Hühner positiv zu verändern. Totalverweigerer ist und bleibt Call a Pizza. Das Unternehmen zeigt kein Interesse, an den furchtbaren Haltungsbedingungen der Masthühner etwas zu ändern.

Produzenten als zentrale Akteure des Wandels

Plukon steht als einziger Produzent auf Stufe 2 und präsentiert einen lobenswerten Nachhaltigkeitsbericht, der deutlich zeigt, wie der Umbau zu mehr Tierschutz funktionieren kann. Die Transparenz des Produzenten hat Vorbildcharakter für die Branche. Die PHW-Gruppe (mit der Marke Wiesenhof und dem Zuchtunternehmen Lohmann) ist der größte Geflügelproduzent Deutschlands und kommt in unserem Ranking auf Stufe 3.

»Gemeinsam mit unseren Landwirten und Handelspartnern ist es uns gelungen, umfangreiche Tierschutzkriterien wie von der Masthuhn-Initiative gefordert, in großem Maße umzusetzen und weiterzuentwickeln. Das sehen wir als entscheidende Basis für eine zukunftsfähige Geflügelindustrie. Die kontinuierlich steigende Nachfrage nach Produkten aus tierfreundlicher Aufzucht beweist, dass unsere Bemühungen von den Verbraucherinnen und Verbrauchern anerkannt und honoriert werden.«
Rainer Dullweber, Geschäftsführer, Plukon Food Group Deutschland

Rothkötter und Sprehe schließlich zeigen keinerlei Signal, etwas verbessern zu wollen, und landen daher ganz am Ende des Rankings. Ein besonders bedenkliches Signal, da beide zu den marktbeherrschenden Produzenten von Geflügelfleisch in Deutschland gehören.

Die Ergebnisse zum Anhören

Hören Sie hier, was Dr. Anna Stief, Leiterin der Abteilung Rankings & Events der Albert Schweitzer Stiftung, über den diesjährigen Masthuhn-Report berichtet.

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