Der Masthuhn-Report 2023: Systemgastronomie im Check
Überzüchtete Tiere, enge Ställe, qualvolle Schlachtpraktiken: Das Leid der Masthühner ist groß, ganz besonders in der konventionellen Haltung. Wir haben untersucht, wie viel Tierschutz 15 deutsche Systemgastronomen in der Haltung von Masthühnern umsetzen. Die Ergebnisse präsentieren wir in unserem zweiten Masthuhn-Report.
Der Masthuhn-Report basiert auf den Kriterien der Europäischen Masthuhn-Initiative (MHI). Diese von uns mitbegründete Initiative definiert Mindestanforderungen an die Hühnermast und gibt Unternehmen klare Einkaufskriterien an die Hand. So unterstützen wir die Gastronomie dabei, europaweit einen wesentlichen Beitrag zu mehr Tierschutz und Nachhaltigkeit zu leisten. Die Kriterien der Initiative zielen beispielsweise darauf ab, die Überzüchtung zurückzufahren sowie den Hühnern mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Mehr zu den Kriterien der Initiative erfahren Sie hier und im vollständigen Report.
Im Masthuhn-Report bewerten wir die Tierschutz-Fortschritte der Unternehmen in zwei Bereichen: In Bereich 1 (»Selbstverpflichtungen und Ziele«) können die Unternehmen Punkte sammeln, wenn sie Mitglieder der Initiative sind. Für ein vollständiges Commitment zur Initiative erhält ein Unternehmen die volle Punktzahl. In Bereich 2 (»Umsetzung und Berichterstattung«) geht es um die tatsächliche Umsetzung dieser Kriterien: Die volle Punktzahl bekommt ein Unternehmen, wenn alle von ihm in Deutschland verwendeten Produkte sämtliche Kriterien der Initiative erfüllen und das Unternehmen darüber transparent und unmissverständlich berichtet.
Beide Bereiche fließen zu jeweils 50 % ins Gesamtergebnis ein. Basierend auf den erzielten Gesamtpunkten erreichen die Unternehmen eine von sechs Stufen. Wie bei Schulnoten gilt: 1 ist die beste Wertung, 6 die schlechteste.
Die Ergebnisse im Überblick
Im Bereich »Selbstverpflichtungen und Ziele« erreichen acht Unternehmen 100 % (KFC, Domino’s, Subway, Dean & David, Hans im Glück, L’Osteria, Peter Pane und Vapiano). Diese Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, die Kriterien der Europäischen Masthuhn-Initiative vollumfänglich umzusetzen. Im Bereich »Umsetzung und Berichterstattung« schneidet KFC mit 50 % am besten ab. 12 Unternehmen sammeln hier überhaupt keine Punkte. Das bedeutet, dass bislang nur drei Unternehmen (KFC, Domino’s und Subway) transparent darlegen, wie sie die Kriterien der Initiative umsetzen – aber auch nur zum Teil.
Insgesamt hat sich im Vergleich zum letzten Masthuhn-Report erschreckend wenig getan. Drei Unternehmen zeigen gegenüber 2022 sichtbare Fortschritte bei der Verbesserung der Masthuhn-Haltung (Domino’s, Subway und Neuzugang Vapiano, der kürzlich ein europaweites Commitment vorgelegt hat). Bei der Mehrheit der Systemgastronomen beobachten wir jedoch einen Stillstand: Viele Unternehmen formulieren überhaupt keine Zielsetzungen für mehr Tierschutz, stellen ihre Lieferketten nicht um oder legen keine Berichte über die eigenen Fortschritte vor. Zwölf Unternehmen erhielten nur 50 % der Punkte oder weniger. Vier Unternehmen erreichten sogar nur 0 % und demonstrieren damit deutlich ihr Desinteresse am Thema Tierschutz (Autogrill, Burger King, Call a Pizza und Starbucks).
Wir stellen leider fest, dass viele Unternehmen keine Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen wollen. Selbst Unternehmen, die bereits Teil der Masthuhn-Initiative sind, setzen die Kriterien oft nur mangelhaft um.
Die Ergebnisse der Unternehmen im Detail
KFC erreicht im Ranking die höchste Punktzahl. Die 75 % in der Gesamtwertung reichen jedoch nur für Stufe 3. Dies ist ein Rückschritt im Vergleich zum letztjährigen Ranking, in dem KFC noch mit 79 % auf Stufe 2 gelandet ist. KFC unterstützt die Masthuhn-Initiative vollumfänglich und ist mit 100 % im Bereich »Selbstverpflichtungen und Ziele« nach wie vor eines der führenden Unternehmen. Es ist jedoch bedauerlich, dass KFC im Bereich »Umsetzung und Berichterstattung« nur 50 % erreicht – 7 Prozentpunkte weniger als im letzten Jahr. Der Grund: Im vorherigen Reporting hat das Unternehmen höhere Lieferkettenanteile bei Licht und Betäubung erreicht als in diesem Jahr. Hier muss KFC in den nächsten Jahren nachbessern, um den führenden Platz im Ranking nicht zu verlieren – zum Beispiel an Domino’s.
Domino’s ist KFC mit einem Gesamtergebnis von 69 % dicht auf den Fersen. Das Unternehmen nimmt die Masthuhn-Initiative ernst und begreift sie als integralen Bestandteil seiner Nachhaltigkeitsstrategie.
Auch Domino’s hat sich verpflichtet, die Kriterien der Masthuhn-Initiative vollständig umzusetzen und erhält daher 100 % im Bereich »Selbstverpflichtungen und Ziele«. Bei der Umsetzung hat sich Domino’s von 17 % auf 37 % verbessert. Insgesamt landet das Unternehmen auf Stufe 3 (»Sichtbare Verbesserungen«) und macht damit im Vergleich zum letzten Jahr eine Stufe gut.
Subway landet mit einer Gesamtwertung von 60 % ebenfalls auf Stufe 3 und verbessert sich damit um eine Stufe. Das Unternehmen hat eine vollständige Selbstverpflichtung zur Masthuhn-Initiative abgegeben, bei der Umsetzung und Berichterstattung gibt es mit 20 % jedoch noch deutlich Luft nach oben. Positiv wirkt sich auf die Punkte aus, dass Subway in diesem Jahr erstmals ein Reporting vorgelegt hat.
Bei Hans im Glück zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei Dean & David: Das Unternehmen hat sich ebenfalls bereits im Jahr 2020 verpflichtet, die Kriterien der Masthuhn-Initiative umzusetzen, bekommt bei »Umsetzung und Berichterstattung« aber 0 %, was wie bei Dean & David an den mangelhaften Berichten liegt. Mit einem Gesamtergebnis von 50 % landet Hans im Glück daher nur auf Stufe 4. Seinen ersten detaillierten Report hat das Unternehmen leider erst wenige Tage vor dieser Veröffentlichung und damit außerhalb des Untersuchungszeitraumes publiziert.
Bei Hans im Glück zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei Dean & David: Das Unternehmen hat sich ebenfalls bereits im Jahr 2020 verpflichtet, die Kriterien der Masthuhn-Initiative umzusetzen, bekommt bei »Umsetzung« und »Berichterstattung« aber 0 %, was wie bei Dean & David an den mangelhaften Berichten liegt. Mit einem Gesamtergebnis von 50 % landet Hans im Glück daher nur auf Stufe 4. Seinen ersten detaillierten Report hat das Unternehmen leider erst wenige Tage vor dieser Veröffentlichung und damit außerhalb des Untersuchungszeitraumes publiziert.
L’Osteria ist seit 2022 bei der Masthuhn-Initiative dabei, hat aber leider noch keinen Bericht über die Umsetzung vorgelegt. 100 % im Bereich 1 und 0 % im Bereich 2 ergeben ein Gesamtergebnis von 50 %. Das reicht nur für Stufe 4. Damit hat sich das Unternehmen im Vergleich zum letzten Ranking weder verbessert noch verschlechtert. Wir sind gespannt, wie schnell es im nächsten Jahr mit der Umsetzung der Kriterien vorangehen wird.
Peter Pane landet ebenfalls auf Stufe 4. Das Unternehmen ist zwar dieses Jahr zum ersten Mal im Ranking vertreten, aber bereits seit 2019 Mitglied der Masthuhn-Initiative. Peter Pane berichtet nur sehr vage über die Umsetzung der Kriterien und kann damit im Bereich »Umsetzung und Berichterstattung« nicht punkten. In Zukunft möchte das Unternehmen verstärkt auf vegane und vegetarische Produkte setzen, was zu begrüßen wäre, aber im Rahmen dieses Rankings irrelevant ist.
Vapiano ist der Masthuhn-Initiative erst vor Kurzem beigetreten, daher ist eine Platzierung auf Stufe 4 (mit 50 %) nicht überraschend. Wir freuen uns über das europaweite Commitment des Unternehmens und hoffen, dass Vapiano mit einer zügigen Umstellung und transparentem Reporting im Ranking aufsteigt.
Die Stufe 5 (»Schlecht«) wird von Ikea mit einem Gesamtergebnis von 47 % eröffnet. Das Unternehmen verschlechtert sich seit 2022 damit um zwei Plätze. Es bekommt für seine »Selbstverpflichtungen und Ziele« lediglich 94 %, denn es listet sein Commitment zur MHI nicht auf der deutschen Webseite. Ikea gibt zwar an, dass 55 % seines weltweit genutzten Hühnerfleischs den Kriterien der Initiative entsprechen – jedoch ist unklar, auf welche Region sich diese Zahl bezieht, da Ikea hier keine Lieferkettentransparenz herstellt. Insgesamt gibt der Bericht von Ikea nicht mehr (wie noch in 2022) detailliert Aufschluss über einzelne Kriterien – daher verschlechtert sich die Bewertung in Bereich 2 von 33 % (2022) auf 0 %.
Auch Pizza Hut erreicht mit einem Gesamtergebnis von 47 % Stufe 5. Damit hat sich das Unternehmen um eine Stufe verschlechtert. Im Vergleich zu 2022 liegt bei der Bewertung jetzt etwas mehr Gewicht darauf, dass das MHI-Commitment im jeweiligen Land veröffentlicht ist. Da Pizza Hut seine Selbstverpflichtung in Deutschland nicht öffentlich an die VerbraucherInnen kommuniziert, gibt es hier nicht die volle Punktzahl. Obwohl die Verpflichtung zur Masthuhn-Initiative schon im Jahr 2019 stattgefunden hat, liegt noch kein einziger Bericht über den Fortschritt der Umsetzung vor. Bei der Umsetzung hat das Unternehmen also offenbar keine Schritte unternommen und bekommt 0 %.
Mit einer Gesamtwertung von gerade einmal 5 % landet McDonald’s auf der letzten Stufe 6 (»Sehr schlecht«). Die Wertung ergibt sich aus einem Wert von 9 % für die Selbstverpflichtungen und Ziele und 0 % für die Umsetzung. McDonald’s hat zwar rudimentäre Verpflichtungen zur verbesserten Haltung von Masthühnern abgegeben, allerdings stehen diese bei Weitem nicht in Einklang mit den Anforderungen der Europäischen Masthuhn-Initiative. Im letzten Ranking hatte McDonald’s hier noch 17 % erreicht: 2022 hatte das Unternehmen öffentlich angegeben, keine Käfige mehr zu nutzen – diese Angabe ist heute nicht mehr auffindbar.
McDonald’s spricht gerne darüber, dass es Forschungen zur Hühnerhaltung vorantreibt und entsprechende Projekte ins Leben rufen will – von tatsächlichen Fortschritten für die Tiere bekommen VerbraucherInnen in Deutschland aber nichts mit. Das bedeutet: Die Hühner leiden weltweit weiter für Chickenburger, Nuggets und Co.
Autogrill, ein Neuzugang im Masthuhn-Ranking, steigt mit einer Gesamtwertung von 0 % auf der schlechtesten Stufe ein. Das Unternehmen zeigt keinerlei Interesse oder Bemühungen für Verbesserungen in der Hühnerhaltung in seiner Lieferkette.
Bei Burger King hat sich nichts geändert: Die Gesamtwertung bleibt wie im letzten Jahr bei 0 %. Das Unternehmen hat in Deutschland keine Standards für die Hühnerhaltung. Das ist bemerkenswert, da es sich in den USA/Kanada und Großbritannien schon lange der Masthuhn-Initiative angeschlossen und in Frankreich immerhin Kriterien veröffentlicht hat, die denen der Initiative entsprechen.
Auch bei Call a Pizza scheint es kein Interesse an einer verbesserten Hühnerhaltung zu geben. Es gibt keine veröffentlichten Standards. Das Unternehmen landet mit 0 % ebenfalls auf Stufe 6.
Besonders bedauerlich ist das Ergebnis von Starbucks mit 0 % auf Stufe 6. Das Unternehmen hat in Deutschland keine Verpflichtung zur Masthuhn-Initiative abgegeben und hinkt damit seinen Commitments in Großbritannien, den USA und Kanada hinterher.
Unser Fazit
Die deutschen Systemgastronomen haben noch eine Menge Arbeit vor sich. Einige Unternehmen gehen konkrete Schritte und berichten transparent darüber, wie sie die Situation von Masthühnern in ihren Lieferketten verbessern – das ist erfreulich. Andere Unternehmen jedoch haben sich bereits vor Jahren der Masthuhn-Initiative angeschlossen, setzen die Kriterien seitdem aber nur mangelhaft um oder berichten nicht über ihre Maßnahmen und Fortschritte. Fünf der untersuchten großen Systemgastronomen verschließen weiterhin die Augen vor den Zuständen in der Masthuhnhaltung, statt sich modern und verantwortungsbewusst zu positionieren.
Die Zeit rennt: Die Mitglieder der MHI haben sich verpflichtet, die Standards in der Masthuhnhaltung bis spätestens 2026 anzuheben. Die notwendige Umstellung des Marktes erfordert jedoch, dass diese Umstellung schneller vorangetrieben wird. Zudem ist es unerlässlich, dass sich noch weitere große Systemgastronomen ihrer Verantwortung stellen und die Initiative ebenfalls unterstützen. Für eine Umsetzung des Mindeststandards in der Breite ist es außerdem wichtig, dass die Unternehmen eine Unterstützungserklärung für ganz Europa abgeben und nicht nur für einzelne Länder – so, wie es leider Burger King und Starbucks handhaben. Diese heben ihre Standards in anderen Ländern an, halten dies aber in Deutschland nicht für notwendig.
Wir erwarten künftig ein deutlich schnelleres Tempo sowie mehr Ernsthaftigkeit und Problembewusstsein für die untragbaren Zustände in der konventionellen Hühnermast und werden die Fortschritte – oder den Stillstand – weiter im Blick behalten.