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Niederlande: So fördern LEH und Politik die Proteinwende

Die Niederlande gelten als Vorreiter, wenn es darum geht, tierische Proteine auf dem Speiseplan der VerbraucherInnen durch pflanzliche zu ersetzen. Zahlreiche große Unternehmen und Start-ups bringen die von der Regierung ausgerufene und unterstützte »Proteinwende« voran und fördern ein besseres Verhältnis von pflanzlichen und tierischen Eiweißquellen. Auch der Einzelhandel bemüht sich, nachhaltigere Konsumgewohnheiten bei seinen KundInnen zu fördern.

So kündigte die zweitgrößte Supermarktkette Jumbo im Mai vergangenen Jahres an, als erster niederländischer Lebensmitteleinzelhändler in seinen landesweit rund 740 Filialen und online sämtliche Rabattaktionen für Fleisch einzustellen, um den Verkauf pflanzlicher Lebensmittel zu fördern. Kurz zuvor senkte das Unternehmen zudem die Preise für Fleischalternativen auf das Niveau vergleichbarer Fleischprodukte, was zu einem Umsatzanstieg bei Fleischalternativen um 15 % führte. Schon 2023 ging der Absatz von Fleischprodukten um 3 % zurück. Ziel von Jumbo ist, bis 2030 das Verhältnis von pflanzlichen zu tierischen Proteinen im Umsatzmix auf 60:40 zu schrauben, berichtet das »European Supermarket Magazine«. Schon 2025 sollen beide Alternativen gleichauf liegen. Der Verzicht auf reduzierte Angebotspreise für Frischfleisch sei ein wichtiger Schritt dazu, teilt Jumbo mit.

Albert Heijn rückt Pflanzliches in den Fokus

Mit diesem Ziel ist das Unternehmen nicht alleine: Auch andere niederländische Einzelhändler bemühen sich ausdrücklich um einen klimafreundlicheren Proteinmix von 60:40 bis spätestens 2030. So bietet Albert Heijn, die führende Supermarktkette in den Niederlanden, mit dem 200 Produkte umfassenden Eigenmarkensortiment »AH Terra« die größte und vielfältigste Auswahl an pflanzlichen Optionen im Land. Andere Händler testen derzeit kleinere Verpackungseinheiten, um die Fleischmengen in den Einkaufskörben ihrer KundInnen zu reduzieren.

Allerdings stellte der kürzlich veröffentlichte Bericht »Benchmark Protein Transition« der Denkfabrik Questionmark fest, dass großen Ankündigungen nicht immer sofort Taten folgen: Demnach enthalten die Werbeprospekte der sieben größten niederländischen Händler allen ehrgeizigen Zielen zum Trotz insgesamt immer noch genauso viel Fleisch- und Milchprodukte wie in früheren Jahren. Und zwar viermal so viele wie pflanzliche Lebensmittel.

Doch auch wenn es beim Tempo der Umsetzung noch hapert: Was hierzulande möglicherweise als Gängelung oder Bevormundung aufgenommen würde, spiegelt in den Niederlanden einen vergleichsweise breiten gesellschaftlichen Konsens wider, der auf eine Reduzierung des Fleischkonsums und eine verstärkte Hinwendung zu pflanzlichen Alternativen abzielt. Die Zahlen belegen diesen Trend: Seit 2020 ist der Verkauf von Fleisch in niederländischen Supermärkten um 16,4 % rückläufig.

Haarlem verbietet Fleischwerbung

Die Politik fördert diese Entwicklung durch öffentliche Kampagnen, Bildungsprogramme und gesetzliche Maßnahmen, die den Konsum pflanzlicher Lebensmittel steigern sollen. Die Stadt Haarlem verbietet seit 2024 Werbung für Fleischprodukte im öffentlichen Raum. Gegenwind kommt allerdings von der Bauernpartei BoerBurgerBeweging (BBB), die sich als Teil der neuen niederländischen Regierung für die Beibehaltung der traditionellen, tierfokussierten Landwirtschaft einsetzt.

Deutsche Händler werben weiterhin für Fleisch

Und Deutschland? Hier gibt es derzeit keine Supermarktketten, die vollständig auf Aktionsangebote für Fleisch verzichten. Allerdings sank das Anzeigenvolumen nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) im vergangenen Jahr leicht um knapp 2 %.

Derzeit untersucht Questionmark übrigens gemeinsam mit der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Madre Brava und ProVeg die Proteinwendebemühungen von Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl und Rewe. Die Ergebnisse der »Superlist Environment Deutschland« werden im Frühjahr 2025 veröffentlicht.