Bundesminister Schmidt und die Geflügelwirtschaft präsentierten im Juli ihre »Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen«. Wir fassen den Inhalt der Vereinbarung kurz zusammen und bewerten sie.
Die Inhalte der Vereinbarung
Die Vereinbarung sieht vor, dass die deutschen Geflügelhalter ab dem 1. August 2016 auf das Kürzen von Schnäbeln bei Legeküken verzichten und ab 2017 keine schnabelgekürzten Junghennen mehr einstallen.
Bei Putenhennen wird »eine Evaluierung zur Prüfung der Machbarkeit vorgeschaltet«. Wenn die Evaluierung einen Ausstieg rechtfertigt, dann sollen ab dem 1. Januar 2019 keine Putenhennen mit gekürzten Schnäbeln mehr eingestallt werden. Bei den aggressiveren Putenhähnen ist das Ausstiegsdatum noch vollkommen unklar. In der Vereinbarung heißt es: »Die deutsche Geflügelwirtschaft und das BMEL sind sich einig, dass der Verzicht auf das Schnabelkürzen auch bei der Mast von Putenhähnen langfristig erfolgen soll.«
Außerdem soll das Schnabelkürzen bei Elterntieren (Legehennen und Masthühner) beendet werden. Ein verbindlicher Zeitplan soll in nicht näher definierter Zukunft vorgelegt werden. Von Puten-Elterntieren ist in der Vereinbarung nicht die Rede, sodass davon auszugehen ist, dass hier kein Ausstieg aus dem Schnabelkürzen vorgesehen ist.
Unsere Wertung der Vereinbarung
Nachdem der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) und der Bundesverband Deutsches Ei (BDE) den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen vor einigen Jahren noch verhindern wollten, hatten sie zwischenzeitlich auf Verzögerung gesetzt. Dass die Verbände diese Taktiken jetzt aufgegeben haben, begrüßen wir.
Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Legehennen
Den Zeitplan halten wir grundsätzlich für machbar, aber auch für ambitioniert, denn der Ausstieg muss sorgfältig vorbereitet werden und aufs Tierwohl fokussiert sein. Dazu gehört, dass die Halter Erfahrungen mit einzelnen ungekürzten Herden sammeln und notwendige Zusatzausgaben für besseres Futter und Stallklima, Beschäftigungsmaterial, eine höhere Betreuungsintensität etc. nicht gescheut werden. Wenn diese Verbesserungen nicht gut umgesetzt werden, ist zu befürchten, dass der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen weitestgehend durch ein Abdunkeln der Ställe ermöglicht wird. Das wäre aus Tierschutzsicht ein Rückschritt, doch die Halter bekommen dafür durch die Vereinbarung grundsätzlich grünes Licht – zwar nur »in Ausnahmesituationen«, aber in der sog. Nutztierhaltung ist es leider durchaus üblich, die Ausnahme zur Regel zu machen. Siehe dazu auch die Kritik von Dr. Cornelie Jäger, der Landestierschutzbeauftragten von Baden-Württemberg.
Ihr Beitrag zum erfolgreichen Schnabelkürz-Ausstieg bei Legehennen
Wenn Sie Eier und/oder Eiprodukte in größeren Mengen aus Deutschland beziehen, dann sollten Sie Ihren Einfluss in der Lieferkette nutzen, um darauf zu drängen, dass alle Halter sich spätestens jetzt intensiv weiterbilden und zum Sammeln von Erfahrungen einzelne Herden mit ungekürzten Schnäbeln einstallen. Auch muss klar sein, dass ein aus Tierwohlsicht erfolgreicher Ausstieg aus dem Schnabelkürzen mit Mehrkosten verbunden ist. Auszugehen ist von mindestens 3 Cent pro Ei. Prüfen Sie auch den Einsatz von pflanzlichen Ei-Alternativen, um Ihre Gesamtkosten ausgeglichen zu halten.
Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten
Grundsätzlich begrüßen wir es, dass die Geflügelwirtschaft auch in der Putenhaltung (wenn auch nicht bei den Elterntieren) aus dem Schnabelkürzen aussteigen will. Die gängigen Haltungsbedingungen beurteilen wir als katastrophal. Ein Ausstieg aus dem Schnabelkürzen müsste deshalb aus unserer Sicht mit einer grundlegenden Reform der Putenmast und -zucht beginnen.
Fazit
Dass der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bundesweit auf den Weg gebracht wird, ist grundsätzlich zu begrüßen – wir arbeiten daran seit 2010. Zu einem Mehr an Tierwohl führt der Ausstieg allerdings weder automatisch noch kostenlos.