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Unternehmen im Benchmarking 2017

Der Business Benchmark on Farm Animal Welfare (BBFAW) vergleicht seit sechs Jahren Unternehmen aus der Lebensmittelbranche im Hinblick auf ihre Tierschutz-Maßnahmen. Die Ergebnisse des Benchmarkings werden von den Tierschutzorganisationen Compassion in World Farming und World Animal Protection sowie dem Private-Equity-Unternehmen Coller Capital herausgegeben. Sie bieten damit Investoren eine Orientierung und schärfen das Bewusstsein der Unternehmen für Probleme sowie Verbesserungsmöglichkeiten in der Tierhaltung.


Der aktuelle BBFAW-Bericht zeigt, dass die Lebensmittelwirtschaft dem Thema »Tierschutz« immer mehr Beachtung schenkt. Bei den acht deutschen Unternehmen im Benchmarking besteht allerdings teilweise deutlicher Verbesserungsbedarf.

Das Benchmarking im Überblick

Der BBFAW 2017 bewertet und vergleicht 110 Unternehmen aus den Branchen »Lebensmitteleinzelhandel«, »Großhandel«, »Restaurants und Bars« sowie »Lebensmittelproduktion« anhand ihrer Tierschutz-Richtlinien. Für verschiedene Kriterien erhalten die Unternehmen Punkte. Auf Basis der Gesamtpunktzahl werden die Unternehmen dann in sechs Bewertungsstufen eingeteilt. Die oberste Stufe 1 (»branchenführend«) umfasst Unternehmen, die mehr als 80 % der möglichen Punktzahl erreicht haben. Im aktuellen Benchmarking sind das die Coop Group, Cranswick, Marks & Spencer, Migros und Waitrose.


Der Durchschnitt aller bewerteten Unternehmen liegt bei 37 %. Dieser Wert ist zwar niedrig, hat sich aber seit 2012 stetig verbessert. Immerhin 26 Unternehmen sind im aktuellen Benchmark auf der Bewertungsskala nach oben geklettert, sodass sich aktuell 17 Unternehmen auf den zwei höchsten Stufen befinden. Acht Unternehmen haben sich um mindestens eine Stufe verschlechtert. Erfreulich ist, dass bereits 65 % der Unternehmen umfassende Tierschutz-Policies veröffentlicht haben – 2016 waren es erst 37 %.

Luft nach oben bei deutschen Unternehmen

Unter den 110 berücksichtigten Unternehmen sind acht aus Deutschland. Nur drei von ihnen haben ihre Platzierung verbessert:
  • Aldi Nord, Aldi Süd und Rewe sind einen Platz aufgestiegen und landen gemeinsam mit Kaufland und der Metro Group (vertreten durch real,-) auf Stufe 3: »Das Unternehmen hat bereits Maßnahmen implementiert, diese aber noch nicht vollständig umgesetzt«.
  • Lidl bleibt auf Stufe 4 (»Das Unternehmen macht Fortschritte bei der Implementierung«).
  • Edeka steigt um einen Platz ab und landet auf der letzten Stufe 6 (»Es gibt nur wenige oder keine Hinweise darauf, dass das Thema in der Geschäftsstrategie berücksichtigt wird«). Dort befindet sich seit Beginn des Benchmarkings im Jahr 2012 auch die Müller Group.

Die Ergebnisse im Detail

Im Rahmen des Benchmarkings wurde unter anderem untersucht, inwiefern die Unternehmen offizielle Richtlinien zu den folgenden Schlüsselthemen formuliert haben:
  • Einschränkung der Bewegungsfähigkeit von Tieren
  • Einsatz von genetisch veränderten oder geklonten Tieren
  • Gebrauch von wachstumsfördernden Substanzen
  • Prophylaktischer Einsatz von Antibiotika
  • Durchführung routinemäßiger Amputationen
  • Betäuben der Tiere vor der Schlachtung
  • Lange Tiertransporte über acht Stunden

Richtlinien vor allem zur eingeschränkten Bewegungsfähigkeit

Von den 72 Unternehmen, die umfassende Tierschutz-Policies veröffentlicht haben, beziehen sich die meisten (79 %) auf das Verbot der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit von Tieren. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf der Legehennen- und der Sauenhaltung. In diesem Bereich haben dem Benchmarking zufolge zuletzt viele global agierende Unternehmen wie General Mills oder Sodexo Ausstiegsfristen genannt – nicht zuletzt motiviert vom Kampagnendruck verschiedener Organisationen. Mehr über die zahlreichen Käfigei-Ausstiege der letzten Zeit erfahren Sie in unserer Übersicht.


Laut BBFAW senden Policies dieser Art wichtige Signale an die gesamte Branche. Durch klar definierte Fristen bekommen etwa Zulieferer Planungssicherheit, weil sie davon ausgehen können, dass es in Zukunft einen Markt für Tierprodukte aus verbesserten Haltungsbedingungen geben wird.

Andere Tierschutzthemen sind unterrepräsentiert

Auch zu den anderen genannten Tierschutzthemen haben sich mehr Unternehmen als in den Vorjahren positioniert. Die Durchschnittswerte sind allerdings nach wie vor niedrig. Ein Großteil der veröffentlichten Richtlinien (61 %) behandelt den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika (2014 waren es 35 %). Der Gebrauch wachstumsfördernder Medikamente wird von 54 % der Unternehmen thematisiert – das sind dreimal so viele wie 2012. Die wenigsten Unternehmen positionieren sich offiziell zum Thema »Tiertransporte über lange Strecken« (27 %). Einige geben zwar an, diese verhindern zu wollen, lassen aber eine konkrete Definition von »lang« vermissen.

Routinemäßige Amputationen

Zu routinemäßig durchgeführten Amputationen äußern sich weniger als die Hälfte der Unternehmen (45 %). Wenn sie das Thema behandeln, dann meist im Hinblick auf das Schnabelkürzen bei Legehennen. Ein Beispiel dafür ist die Einkaufsleitlinie der Metro-Tochtergesellschaft real,-. Darin setzt sich das Unternehmen u. a. das Ziel, bis Anfang 2018 bei Eigenmarken komplett auf Schaleneier von Legehennen mit gekürzten Schnäbeln zu verzichten. Außerdem erklärt real,-, dass den Problemen Federpicken und Kannibalismus durch eine Erhöhung der Haltungsstandards vorgebeugt werden muss.

Betäubung vor der Schlachtung

Das Betäuben der Tiere vor der Schlachtung thematisieren gerade einmal 43 % der Unternehmen. Dieser geringe Prozentsatz lässt sich zwar dadurch erklären, dass die Betäubung in vielen Ländern ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist. Dennoch weist der BBFAW darauf hin, dass klare, offizielle Bekenntnisse zu dem Thema wichtig sind. Dazu gehören auch Antworten auf die Frage, ob die entsprechenden Bestimmungen für alle Tierarten inkl. Fischen gelten und ob es Ausnahmen, etwa bei religiösen Schlachtungen, gibt.

Implementierung und Kontrolle der Richtlinien

Begrüßenswert ist, dass die Unternehmen ihre Richtlinien immer flächendeckender umsetzen. 84 % der Policies gelten in allen Ländern, in denen das jeweilige Unternehmen vertreten ist, 77 % für alle relevanten Tierarten und 74 % für sämtliche produzierten bzw. verkauften Produkte.


Der BBFAW untersucht auch, ob sich Personen aus dem oberen Management mit dem Thema Tierschutz auseinandersetzen. Ein positives Beispiel ist Aldi Nord: Das Unternehmen schreibt in seiner Internationalen Tierwohl-Einkaufspolitik, dass »die Geschäftsführung und weitere Verantwortliche von Aldi Nord [...] regelmäßig über den Stand der Umsetzung informiert [werden].« Insgesamt findet man aber nur in weniger als der Hälfte der Unternehmensrichtlinien solche oder ähnliche Passagen.

Verbesserungen in der Berichterstattung

Die Autoren des Benchmarkings betonen, dass sich die Qualität der Richtlinien laufend verbessert. Die Unternehmen werden darin zwar immer konkreter, äußern sich aber immer noch zu unpräzise zur Frage, welche genauen Fortschritte sie erzielt haben. Die Berichterstattung konzentriert sich meist nur auf ausgewählte Tierarten oder Länder, was eine umfängliche Bewertung erschwert.

Vorteile des Benchmarkings & Fazit

Insgesamt zeigt das Benchmarking eine positive Entwicklung auf. 26 Unternehmen haben ihre Platzierungen verbessert. Wir gratulieren Aldi Nord, Aldi Süd und Rewe, dass sie dazugehören! Lidl muss jetzt nachziehen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Sehr enttäuschend ist die Platzierung von Edeka, die nicht mit dem Slogan »Wir lieben Lebensmittel« vereinbar ist. Auch in unserem LEH-Tierschutzvergleich kam Edeka auf schwache Ergebnisse.


Welche Vorteile Unternehmen aus dem Benchmarking ziehen können, erläutert Sandra Moura (Executive Sponsor – Farm Animal Welfare bei der Compass Group) in ihrem Vorwort zum BBFAW: Durch die konkret formulierten Leitlinien und Erwartungen schafft er einen klaren Rahmen, in dem Richtlinien entwickelt und implementiert sowie Erfolge gemessen werden können. Zudem macht das Benchmarking die Interessen der verschiedenen Stakeholder transparent und besser verständlich. Unternehmen können sich mithilfe des BBFAW untereinander vergleichen, ihre eigene Leistung besser einschätzen und ggf. zielgerichtete Maßnahmen ergreifen.


In der Folge führen die so angestoßenen Verbesserungen zu wichtigen Fortschritten im Tierschutz.