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Unternehmen Benchmarking

Der Business Benchmark on Farm Animal Welfare (BBFAW) vergleicht seit fünf Jahren Unternehmen aus der Lebensmittelbranche im Hinblick auf deren Tierschutz-Maßnahmen. Die Ergebnisse des Benchmarkings werden von den Tierschutzorganisationen Compassion in World Farming und World Animal Protection sowie dem Private-Equity-Unternehmen Coller Capital herausgegeben. Sie geben Investoren eine Orientierung an die Hand und sollen zudem bei den Unternehmen das Bewusstsein für die Probleme der Massentierhaltung schärfen.


Begrüßenswert ist, dass bereits 73 % der insgesamt 99 untersuchten Unternehmen eine Tierwohl-Politik veröffentlicht haben. Deutsche Unternehmen schneiden im internationalen Vergleich allerdings noch nicht so gut ab.

Der Ansatz des Benchmarkings

Das Benchmarking bewertet und vergleicht Unternehmen aus den Branchen »Lebensmitteleinzelhandel«, »Großhandel«, »Restaurants und Bars« sowie »Lebensmittelproduktion« anhand ihrer Tierschutz-Richtlinien. Es wird eine Gesamtpunktzahl ermittelt und die Unternehmen werden in sechs Bewertungsstufen eingeteilt. Die oberste Stufe eins (»branchenführend«) ist die beste Stufe.

Deutsche Unternehmen mit Luft nach oben

Die acht bewerteten Unternehmen aus Deutschland finden sich zum größten Teil in der unteren Hälfte der Bewertungsskala wieder:
  • Die Metro AG landet (vertreten durch ihre Tochtergesellschaft Real) auf Stufe 3 (»Das Unternehmen hat bereits Maßnahmen implementiert, diese aber noch nicht vollständig umgesetzt«). Im Vergleich zu 2015 bedeutet das eine Verbesserung um eine Stufe. Kaufland/Schwarz befindet sich wie schon 2015 ebenfalls auf Stufe 3.
  • Auf Stufe 4 (»Das Unternehmen macht Fortschritte bei der Implementierung«) finden sich Aldi Nord (Verbesserung um eine Stufe), Aldi Süd (keine Veränderung zum Vorjahr), Lidl (eine Stufe verbessert) und Rewe (keine Veränderung).
  • Edeka landet wie im Vorjahr auf Stufe 5 (»Tierschutz befindet sich auf der Unternehmens-Agenda, aber es sind keine Anzeichen für die Umsetzung vorhanden«).
  • Die Müller Group befindet sich seit 2012 unverändert auf der untersten sechsten Stufe des Benchmarkings (»Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Thema in der Geschäftsstrategie berücksichtigt wird«).

Die Ergebnisse im Detail

Im Rahmen des Benchmarkings wurde untersucht, inwiefern die Unternehmen offizielle Richtlinien zu den folgenden Schlüsselthemen formuliert haben:
  • Einschränkung der Bewegungsfähigkeit von Tieren
  • Einsatz von genetisch veränderten oder geklonten Tieren
  • Gebrauch von wachstumsfördernden Substanzen
  • Prophylaktischer Einsatz von Antibiotika
  • Durchführung routinemäßiger Amputationen
  • Betäuben der Tiere vor der Schlachtung
  • Tiertransporte über lange Strecken
»Auch wenn die Existenz einer Richtlinie nicht garantiert, dass diese auch implementiert wird, ist das Fehlen einer Richtlinie ein klares Anzeichen dafür, dass Tierschutz nicht auf der Agenda steht«, erklären die Autoren des Berichts. Je konkreter sich die Unternehmen im Hinblick auf die praktische Umsetzung ihrer Richtlinien äußern, desto besser fällt die Bewertung aus.

Richtlinien vor allem zur eingeschränkten Bewegungsfähigkeit

72 % der Unternehmen haben offizielle Tierschutz-Richtlinien formuliert – 2012 waren es erst 46 %. Die meisten Richtlinien beziehen sich dabei auf ein Verbot der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit. Insbesondere bei Legehennen und in der Sauenhaltung verzeichnet der Bericht diesbezüglich Fortschritte. So hatte Kaufland bereits im letzten Jahr u. a. durch den Verzicht auf Käfigeier eine Bewertungsstufe aufsteigen können. Real hat im letzten Jahr Käfigeier aus seinen Eigenmarken verbannt und verkauft nur noch Kaninchenfleisch, das aus Bodenhaltung stammt.

Zu eng gefasste Anwendungsbereiche

Die Autoren kritisieren jedoch, dass sich die meisten Richtlinien nur auf einzelne Tierarten beziehen oder regional begrenzt sind. Optimal sei es, wenn sich die Unternehmen länderübergreifend und für sämtliche Tierarten entsprechend positionieren. Folglich schlägt sich der länderübergreifende Ansatz von Aldi Nord positiv in der Bewertung nieder: 2016 hatte der Discounter bekanntgegeben, dass sämtliche Landesgesellschaften spätestens ab 2025 keine Käfigeier mehr verkaufen werden.

Andere Tierschutz-Bereiche unterrepräsentiert

Zu den weiteren Schlüsselthemen haben erst wenige Unternehmen konkrete Richtlinien formuliert. Eines der wenigen Beispiele aus Deutschland ist die Rewe Gruppe, die routinemäßige Amputationen thematisiert: In Rewe- und Penny-Märkten werden demnach ab Ende 2017 keine Eier von Legehennen mit gekürzten Schnäbeln mehr vertrieben.


Als generell positives Beispiel wird in dem Bericht außerdem die Richtlinie von Marks & Spencer angeführt. Das Unternehmen, das die beste Bewertungsstufe des Benchmarkings erreicht hat, geht in seinem umfassenden Papier auf viele der genannten Tierschutzthemen ein. So müssen etwa alle Schlachthöfe mit Überwachungskameras ausgestattet sein und alle Ei- und Eiprodukte aus Freilandhaltung stammen. Darüber hinaus schreibt das Unternehmen vor, dass Tiertransporte nicht länger als acht Stunden dauern dürfen.

Implementierung und Kontrolle

Im Rahmen des Benchmarkings wird u. a. auch untersucht, inwiefern sich Personen aus dem Management mit dem Thema Tierschutz auseinandersetzen und wer die Umsetzung der Richtlinien letztlich kontrolliert. Positivbeispiele wie Cargill, in dessen Tierschutz-Papier die Verantwortlichen des »Animal Welfare Teams« namentlich benannt werden, stellen dabei noch die Ausnahme dar.


Besonders wichtig ist es laut BBFAW, dass die Unternehmen in ihren Richtlinien konkrete Ziele formulieren – also zum Beispiel präzise Zeiträume, in denen Umstellungen erfolgen sollen. Dies ist bereits bei 65 % der Unternehmen der Fall. 2012 lag dieser Wert noch bei 26 %. Diese Entwicklung nennen die Autoren »besonders ermutigend, da sie zeigt, dass die Unternehmen praktische Schritte unternehmen, um ihre Selbstverpflichtungen zu realisieren«.

Innovation und Forschung

Der Bericht befasst sich auch mit der Frage, inwiefern Unternehmen den Tierschutz in der eigenen Branche vorantreiben. Dies kann zum Beispiel durch Forschungs- und Entwicklungsprojekte geschehen wie bei Real: Das Unternehmen betreibt u. a. ein Projekt zur Vermeidung des Schnabelkürzens und bietet in diesem Zuge in einigen Testmärkten Schaleneier von Legehennen an, deren Schnäbel nicht gekürzt wurden. Auch Lidl tut sich in diesem Bereich hervor und unterstützt Forschungsvorhaben zum Verzicht auf das Kupieren der Schwänze in der Schweinehaltung.

Verbesserungen bei der Berichterstattung

Als eines der »ermutigendsten« Ergebnisse führen die Autoren der Untersuchung an, dass sich die Qualität der Unternehmensberichte deutlich verbessert hat. Immer mehr Unternehmen stellen kompakt und organisiert dar, wie ihr Vorgehen im Bereich »Tierwohl« aussieht. Als besonders bemerkenswerte Beispiele werden im Bericht u.a. die Coop Group, Marks & Spencer, McDonald’s (Europa) und Nestlé genannt. Nach wie vor lassen allerdings viele Unternehmen detaillierte Auskünfte darüber vermissen, welche konkreten Fortschritte sie bereits gemacht haben.

Zukünftige Anpassungen im Benchmarking

Um die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen (im Gegensatz zu Ankündigungen) stärker zu honorieren, wird in den nächsten Jahren das Bewertungssystem des Benchmarkings schrittweise angepasst: Die Absicht der Verfasser ist es, »die Gewichtung von Fragen zum Leistungsreporting und zur Wirkung bis 2018 auf 35 % zu erhöhen.« Im aktuellen Bericht waren die Fragen zur Wirkung noch nicht in die Bewertung eingegangen. Deutsche Unternehmen dürften davon profitieren, da hierzulande Maßnahmen oft erst dann kommuniziert werden, wenn sie auch umgesetzt werden. In anderen Ländern ist es üblicher, »Commitments« abzugeben und erst im Laufe der Zeit herauszufinden, wie sie erfüllt werden können.

Fazit und Empfehlungen

Insgesamt zeigt das Benchmarking eine positive Entwicklung auf: 26 Unternehmen sind in der Bewertungsskala mindestens eine Stufe nach oben geklettert. »Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass die Lebensmittelindustrie endlich anfängt, den Tierschutz als ein wichtiges Thema zu begreifen«, sagt Nicky Amos, Geschäftsführerin von BBFAW. Viele Unternehmen müssten jedoch noch robuste(re) Systeme und Prozesse einführen, um Tierwohl adäquat managen und messen zu können. Die Unternehmen, die es auf die beiden höchsten Bewertungsstufen geschafft haben, zeichnen sich dementsprechend durch starke Bekenntnisse zum Tierschutz aus und haben gut entwickelte Managementsysteme und -prozesse. Dem Bericht zufolge haben sie durch die Verpflichtung zu weitreichenden Tierwohl-Maßnahmen einen maßgeblichen Einfluss in der Branche – nicht nur auf ihre eigenen Zulieferer, sondern auch auf ihre Mitbewerber.