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Lebensmittelhändler im Vegan-Check

Ranking-Grafik

Immer mehr VerbraucherInnen reduzieren den Konsum tierischer Produkte oder verzichten ganz darauf. Entsprechend steigt die Nachfrage nach pflanzlichen Artikeln im Lebensmitteleinzelhandel. Doch wie reagieren Supermärkte und Discounter in Deutschland auf diese Entwicklungen? Um das zu untersuchen, haben wir zum vierten Mal die pflanzlichen Sortimente von sechs Supermärkten und sechs Discountern unter die Lupe genommen und bewertet. Auch die Marketingstrategien der Unternehmen gingen in die Bewertung mit ein. Das Ergebnis: Rewe und Globus belegen die Spitzenplätze bei den Vollsortimentern, während Aldi Süd und Lidl im Discounter-Segment überzeugen.

Die Ergebnisse im Überblick

Unsere Analyse zeigt, dass der LEH auf die gestiegene Nachfrage nach pflanzlichen Produkten mit einem vergrößerten Angebot in allen untersuchten Sortimentskategorien reagiert hat. Besonders bei Fleisch- und Fischalternativen, aber auch bei den Fertiggerichten gab es im Vergleich zu unserem letzten Ranking im Jahr 2019 einen deutlichen Zuwachs an veganen Produkten. Bei den Milchalternativen verzeichnen wir ebenfalls große Fortschritte, während sich bei Süßigkeiten, Backwaren, Snacks, Soßen und Dips ein sehr gemischtes Bild zeigt. Hier sehen wir die Unternehmen in der Pflicht, künftig mehr Rezepturen umzustellen, um die Verwendung tierischer Inhaltsstoffe zu senken.

Es ist unabdingbar, dass Unternehmen nicht nur die kleine vegane Zielgruppe fokussieren, sondern pflanzliche Lebensmittel für alle KundInnen attraktiv machen. Dabei können geeignete Vermarktungsmaßnahmen helfen. Die Antworten auf unsere Umfrage zum Thema »Strategie und Marketing« haben gezeigt, dass die meisten Unternehmen sich ernsthaft mit dem Potenzial pflanzlicher Produkte auseinandersetzen. Vegane Lebensmittel werden nicht mehr als Selbstläufer für kleine KonsumentInnengruppen verstanden, sondern als ein spannender und vielversprechender Geschäftsbereich mit großem Wachstums- und Distinktionspotenzial.

Viele Unternehmen berücksichtigen bereits Schlüsselelemente bei Produktentwicklung, Preisgestaltung und Warenpräsentation, die wir als elementar wichtig für ein erfolgreiches pflanzliches Angebot einstufen. Bei anderen Unternehmen wurde aber klar, dass sie an veralteten Ideen festhalten – beispielsweise indem sie sich immer noch ausschließlich an die vegane Nische richten oder keine ausreichende Priorität auf die Senkung tierischer Produkte legen.

Fazit

Bei unserem ersten Ranking im Jahr 2015 hatte es für die ersten Plätze noch gereicht, in einigen Produktkategorien innovative vegane Produkte zu führen. Seitdem hat sich viel verändert. Heute gibt es bei Supermärkten und Discountern so viel pflanzliche Vielfalt wie nie zuvor. Diese Entwicklung begrüßen wir sehr. Insbesondere, wenn der relative Anteil pflanzlicher Artikel am Gesamtsortiment steigt, ist das ein Zeichen dafür, dass ein Unternehmen das Thema »plant-based« wirklich ernst nimmt.

Wir erwarten, dass der Lebensmitteleinzelhandel sein pflanzliches Angebot signifikant weiterentwickelt. Klar ist, dass die Unternehmen sich nicht auf ihrem bisherigen Sortiment ausruhen dürfen, sondern das große Potenzial pflanzlicher Produkte nutzen müssen, um nicht hinter die Konkurrenz zurückzufallen. Vegane Artikel müssen geschmacklich überzeugen sowie preislich attraktiver und verkaufsfördernd präsentiert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Senkung tierischer Lebensmittel bzw. Zutaten im Sortiment in den nächsten Jahren eine höhere Priorität bekommt.

Das Ranking im Detail

Ergebnisse der Supermärkte

Platz 1: Rewe

Rewe hat sein Sortiment pflanzlicher Produkte deutlich ausgebaut, sodass es jetzt einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment ausmacht. In den Kategorien, in denen das Unternehmen 2019 noch schwach positioniert war, ist es mittlerweile führend. Rewe ist insbesondere bei den Fleisch- und Milchalternativen gut bis sehr gut aufgestellt und hat sein Angebot beispielsweise bei Fertiggerichten, Käsealternativen und Speiseeis stark erweitert. Auch bei Strategie und Marketing konnte Rewe punkten. Bei Soßen, Snacks und einigen Convenience-Kategorien gibt es weiterhin Nachholbedarf.

Globus war in unserem letzten Ranking nicht vertreten und steigt direkt auf Platz 2 ein. Das Unternehmen ist in allen Sortimentskategorien vorne mit dabei, jedoch machen pflanzliche Produkte bei Globus im Vergleich den kleinsten Anteil am Gesamtsortiment aus. Das wirkt sich negativ auf die Punktzahl aus, denn wir sehen Unternehmen in der Verantwortung, bei einer so großen Produktpalette auch eine entsprechend breite pflanzliche Auswahl anzubieten. Nachholbedarf hat Globus zudem bei Strategie und Marketing rund um vegane Produkte.
Kaufland hat im Vergleich zu unserem letzten Ranking zwei Plätze gutgemacht und seinen Sortimentsausbau konsequent vorangetrieben. Bei Fertiggerichten ist Kaufland mittlerweile vergleichsweise gut aufgestellt und bei Milchalternativen und Snacks befindet sich das Unternehmen im soliden Mittelfeld. Allerdings sehen wir noch deutlichen Nachholbedarf bei den Fleischalternativen. Wir bemängeln außerdem, dass pflanzliche Produkte nur einen verhältnismäßig geringen Anteil am Gesamtsortiment ausmachen. Verbesserungspotenzial sehen wir auch bei Strategie und Marketing. Beispielsweise könnte Kaufland zukünftig verstärkt auf integrierte Produktplatzierung setzen.
Famila Nordost hatte 2019 noch den ersten Platz unseres Rankings belegt. In diesem Jahr reicht es jedoch nur für den vierten Platz, da die Konkurrenz mittlerweile besser aufgestellt ist. Insbesondere bei Fleisch- und Milchalternativen hat Famila viel aufzuholen. Bei Strategie und Marketing fielen einige Ansätze positiv auf, aber wir sehen noch viele Möglichkeiten zur Optimierung.
Tegut hat sich in jedem unserer Rankings verschlechtert: 2017 belegte das Unternehmen noch den zweiten Platz, 2019 den vierten und jetzt den fünften. Obwohl Tegut die Relevanz pflanzlicher Lebensmittel schon früh erkannt hat, baut das Unternehmen sein Sortiment in den letzten Jahren nicht mehr so stark aus wie seine Mitbewerber. Bei den Fleischalternativen liegt Tegut im Mittelfeld und bei allen anderen Kategorien auf den letzten Plätzen. Bei Strategie und Marketing sehen wir gute Ansätze, jedoch werden die Prioritäten falsch gesetzt.
Leider bildet Edeka erneut das Schlusslicht unseres Rankings. Bei den Fleisch- und Milchalternativen, den Snacks und den Fertiggerichten liegt das Unternehmen im hinteren Mittelfeld. Lediglich bei den Soßen ist das pflanzliche Sortiment im Vergleich zur Konkurrenz gut aufgestellt. Insgesamt kann das vegane Angebot durch die selbstständig geführten Märkte der Edeka-Kaufleute stark schwanken. Es ist enttäuschend, dass Edeka das große Potenzial einer pflanzlicheren Sortimentsgestaltung flächendeckend nur ungenügend nutzt und dadurch viele Chancen verschenkt. Zudem hat Edeka uns nur wenige Einblicke in Strategie und Marketing gegeben, weshalb wir hier keine Pluspunkte vergeben konnten.

Ergebnisse der Discounter

Platz 1: Aldi Süd

Nachdem Aldi Süd im letzten Ranking von Platz 1 auf Platz 2 gerutscht war, steht das Unternehmen jetzt wieder an der Spitze unseres Discounter-Rankings. Bei Aldi Süd machen pflanzliche Produkte einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment aus. Das Unternehmen überzeugt mit einem guten Angebot an pflanzlichen Fertiggerichten, Snacks und Soßen. Allerdings sehen wir bei Fleisch- und Milchalternativen noch Nachholbedarf. In Strategie und Marketing zeigt Aldi Süd zahlreiche gute Ansätze.

Lidl hat im Vergleich zum letzten Ranking Fortschritte gemacht und ist um zwei Plätze nach oben geklettert. Das liegt daran, dass der Discounter dem Thema »pflanzlich« mittlerweile eine hohe Priorität einräumt. Lidl überzeugt besonders mit seinem gewachsenen Angebot an pflanzlichen Fertiggerichten. Bei den Fleisch- und Milchalternativen landet das Unternehmen jedoch nur im Mittelfeld und hat teilweise Aufholbedarf. Positiv bewerten wir, dass pflanzliche Produkte einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment ausmachen und dass Lidl viele gute Ansätze in Strategie und Marketing zeigt.
Penny landet wie im letzten Ranking auf Platz 3 und ist bei den Milch- und Fleischalternativen gut bis sehr gut aufgestellt. Bei den Fertiggerichten, Soßen und Snacks liegt das Unternehmen im Mittelfeld und hat Aufholbedarf. Der Discounter hat zwar sein vegan-vegetarisches Sortiment in den letzten Jahren deutlich erweitert, könnte aber mehr tun, um den Anteil pflanzlicher Produkte am Gesamtsortiment zu erhöhen. Auch bei Strategie und Marketing sehen wir Raum für Verbesserungen.
Aldi Nord ist von Platz 1 im Jahr 2019 auf Platz 4 abgerutscht. Der Discounter landet in allen Kategorien nur im hinteren Mittelfeld oder bildet das Schlusslicht. In einigen Produktkategorien haben wir sogar eine Abnahme an pflanzlichen Alternativen festgestellt, etwa bei Speiseeis und Wurstalternativen. Punkten konnte das Unternehmen allerdings mit einem verhältnismäßig hohen Anteil pflanzlicher Produkte am Gesamtsortiment. Obwohl es einige positive Ansätze in Strategie und Marketing gibt, hat Aldi Nord das Thema »pflanzliche Lebensmittel« in den letzten Jahren nicht ausreichend vorangetrieben, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.
Netto lag schon im letzten Ranking deutlich hinter den Mitbewerbern. Das Unternehmen hat zwar ein gutes bis sehr gutes Sortiment bei Fleisch- und Milchalternativen sowie Fertiggerichten, aber die pflanzlichen Produkte machen nur einen recht geringen Teil des Gesamtsortiments aus. Bei Strategie und Marketing ist Netto das Schlusslicht.
Norma belegt erneut den letzten Platz in unserem Ranking. Das Unternehmen hat in fast allen Kategorien deutlichen Aufholbedarf und bietet insgesamt nur wenige pflanzliche Produkte an. Auch bei Strategie und Marketing bekommt das Thema »vegan« nicht die nötige Aufmerksamkeit.

Wie wurden die Daten erhoben?

Die Ergebnisse unseres Rankings basieren auf den zwei Säulen »Veganes Sortiment« und »Strategie und Marketing«:

  1. Veganes Sortiment: Deutschlandweit haben wir im Februar 2023 Datenerhebungen in fünf Filialen jedes Unternehmens durchgeführt, um einen Einblick in die angebotenen Produkte zu bekommen. Alle Unternehmen haben uns ihre Freigabe für die Datenerhebung erteilt.
  2. Strategie und Marketing: In einer Umfrage haben uns die Unternehmen mitgeteilt, nach welchen Gesichtspunkten sie pflanzliche Produkte entwickeln und vermarkten. Zudem haben wir abgefragt, welche Strategie die Unternehmen zur Reduktion von tierischen Produkten und zum Ausbau des pflanzlichen Sortiments verfolgen.

Die Ergebnisse der beiden Säulen wurden kombiniert und die Unternehmen auf Grundlage ihres Gesamtergebnisses auf die Plätze 1 bis 6 gerankt. Wie schon in den vergangenen Rankings haben wir dabei Discounter und Supermärkte aufgrund der unterschiedlichen Sortimentseigenschaften getrennt voneinander analysiert. Durch ihren hohen Anteil an Eigenmarken haben die Discounter umfassende Gestaltungsmöglichkeiten – einige Unternehmen nutzen diese, indem sie bereits relativ viele pflanzliche Produkte anbieten, während andere hinterherhinken.

Was haben wir bewertet?

Veganes Sortiment

Für das Ranking haben wir uns auf ausgewählte Lebensmittelgruppen konzentriert, in denen aktuell noch viele Tierprodukte verwendet werden und die daher besonders großes Potenzial für mehr pflanzliche Zutaten bieten: \

  • Pflanzliche Alternativen zu Fleisch, Wurst und Fisch
  • Pflanzliche Alternativen zu Milchprodukten
  • Pflanzliche Fertig- und Halbfertiggerichte
  • Pflanzliche Süßigkeiten, Backwaren, Snacks
  • Pflanzliche Brotaufstriche und Soßen

Die Lebensmittelgruppen wurden bei der Bewertung unterschiedlich gewichtet. Besonderen Wert haben wir auf pflanzliche Alternativen gelegt, die Produkte mit einem hohen Anteil tierischer Zutaten ersetzen. Das ist offensichtlich bei Fleisch- und Milchalternativen der Fall. Auch Produktgruppen, in denen wir ein hohes Attraktivitätspotenzial für die große flexitarische Zielgruppe sehen, gingen mit einem größeren Gewicht in die Bewertung ein. Hierzu zählen zum Beispiel Produkte mit einem hohen Convenience-Wert für die KundInnen wie etwa Fertiggerichte.

Mit etwas weniger Gewicht sind Snacks, Soßen und Backwaren in die Bewertung eingegangen. Hier können jedoch bereits kleine Änderungen der Rezeptur große Mengen tierischer Zutaten reduzieren. Wir sehen deshalb viel Potenzial für unkomplizierte Rezepturanpassungen und starke Kategoriezuwächse in den nächsten Jahren.

Strategie und Marketing

Die Ergebnisse in der Säule »Strategie und Marketing« basieren auf einer Erhebung, bei der die Unternehmen zu verschiedenen Themen befragt wurden. Unter anderem wollten wir wissen, welche Zielgruppen die Unternehmen ansprechen, wie sie dafür sorgen, dass vegane Produkte leicht in den Einkaufswagen finden und wie Aktionsangebote für pflanzliche Lebensmittel gestaltet werden. Auch die konkreten Ziele der Unternehmen für die Erweiterung des pflanzlichen Sortiments, die Reduktion tierischer Produkte und die Nutzung von Labels haben uns interessiert.