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Masthühner: schnelles Wachstum, schlechtes Fleisch

Die meisten heute in der Fleischproduktion genutzten Masthühner stammen aus schnell wachsenden Zuchtlinien. Sie sollen in kurzer Zeit viel Fleisch ansetzen und erreichen ihr Schlachtgewicht in wenigen Wochen. Die Schattenseiten dieser Überzüchtung sind schwerwiegende gesundheitliche Probleme: Die Vögel leiden häufig an Herz-Lungen-Erkrankungen und können sich nicht artgerecht bewegen. Kanadische WissenschaftlerInnen haben jetzt gezeigt, dass schnell wachsende Rassen nicht nur aus Tierschutzsicht höchst problematisch sind, sondern dass auch ihr Fleisch häufig qualitativ minderwertig ist.

Die Studie im Überblick

Die WissenschaftlerInnen beobachteten zwei Jahre lang über 7.500 Masthühner aus 16 verschiedenen Zuchtlinien. Dabei sammelten sie Daten über das Verhalten der Tiere, ihre Gesundheit und schließlich auch über die Fleischqualität. Die Vögel wurden während der Studie in Ställen untergebracht, die unter anderem mit Picksteinen, Seilen und Sitzstangen eingerichtet waren. Einige Tiere wurden mit Geräten ausgestattet, die ihre Aktivitäten detailliert aufzeichneten.

Ergebnisse

Bei fast allen untersuchten Tierschutz-Kriterien erzielten die langsamer wachsenden Rassen bessere Ergebnisse. Sie waren aktiver und nutzten die angebotenen Beschäftigungsmaterialien intensiver. Die schneller wachsenden Rassen hatten demgegenüber Probleme, Hindernisse zu überwinden, saßen viel und waren nicht in der Lage, ebenso lange auf zwei Beinen zu stehen wie die langsamer wachsenden Hühner. Dies deutet darauf hin, dass das Körpergewicht dieser Vögel schneller zunimmt als die Kraft ihrer Beine, sodass sie ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können.



Darüber hinaus zeigten die schnell wachsenden Rassen vermehrt schmerzhafte Verletzungen an ihren Fußballen und den Sprunggelenken. Der Grund dafür ist das lange Sitzen auf nasser Einstreu. Außerdem stellten die WissenschaftlerInnen bei den am schnellsten wachsenden Rassen nicht nur Anzeichen für Muskelschädigungen fest, sondern bemerkten auch, dass sich die Organe dieser Rassen zu langsam entwickeln, was zu Herz-Kreislauf-Problemen führen kann.


Aus wirtschaftlicher Sicht zeigte sich, dass die schnell wachsenden Rassen ihr Futter effizienter verwerteten als die langsamer wachsenden Vögel. Sie produzierten mehr Fleisch, wiesen dafür aber auch deutlich häufiger Wooden Breast und White Striping auf – also eine schlechtere Fleischqualität aufgrund von Brustmuskelerkrankungen. Diese Resultate untermauern die Ergebnisse einer europäischen Studie aus dem Jahr 2019, bei der bei 50 % der Masthühner White Striping und bei 42 % Wooden Breast dokumentiert wurde.


Fazit

Schneller wachsende Masthuhn-Rassen scheinen auf den ersten Blick aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhaft zu sein, da sie schnell viel Fleisch ansetzen. Doch der Schein trügt. Neben erheblichen tierschutzrelevanten Problemen sprechen auch wirtschaftliche Gründe dafür, den Einsatz von schnell wachsenden Rassen in der Hühnermast zu überdenken, denn Wooden Breast und White Striping reduzieren den Preis, den Produzenten für ihr Fleisch verlangen können, erheblich.


Auf der anderen Seite sind die Tageszunahmen aus Tierschutzsicht zwar ein wichtiger aber auch nicht alles entscheidender Faktor. Mit der zunehmenden Diskussion um Qualzuchten sind zumindest vereinzelte Züchter aktiv geworden, um schnelles Wachstum mit der Einhaltung von Tierschutzindikatoren zu kombinieren. Hervorzuheben ist hier die Rasse Hubbard Redbro (neu), bei der die Tageszunahmen bei 55 bis 58 Gramm liegen und trotzdem nicht die gravierenden Tierschutzprobleme anderer schnell wachsender Rassen vorliegen. Aus diesem Grund wurde Hubbard Redbro (neu) auch kürzlich in die Liste jener Zuchtlinien aufgenommen, die im Rahmen der Europäischen Masthuhn-Initiative akzeptiert werden. Es ist davon auszugehen, dass andere Zuchtunternehmen bald nachziehen werden, um Hubbard diesen wichtigen Markt nicht allein zu überlassen.