Vegan-vegetarische Produkte sind weiter auf dem Vormarsch: Das zeigt eine Studie, die das renommierte Marktforschungsinstitut Mintel Ende letzten Jahres vorgestellt hat.
Fleischalternativen: Vom Nischenmarkt zum Massenmarkt
Pflanzliche Fleischalternativen werden nicht länger nur von Menschen gekauft, die sich vegan oder vegetarisch ernähren oder an Allergien leiden. Sie sprechen mittlerweile eine viel breitere Zielgruppe an – die wachsende Gruppe der sogenannten Flexitarier. Sie essen nur selten oder wenig Fleisch und greifen häufig bei veganen oder vegetarischen Produkten zu. Der Studie zufolge standen vergangenes Jahr bei 18 % der befragten Deutschen mehr vegetarische Lebensmittel wie Soja-Burger oder vegetarische Würstchen auf dem Speiseplan als im Vorjahr. 7 % gaben an, sich vegetarisch zu ernähren.
Diese Zielgruppe wird von der Lebensmittelindustrie verstärkt in den Blick genommen. Mintel spricht hier von einem Paradigmenwechsel: »Die Zielgruppe hat sich verschoben – von Nischenvegetariern zu Massenmarkt-Flexitariern«.
Pflanzliches Protein: Innovationen kommen aus Europa
Die Studie zeigt, dass der europäische Markt äußerst aktiv ist, was pflanzliche Alternativprodukte angeht: 2015 kamen 42 % aller Nahrungsmittel mit pflanzlichem Protein in Europa auf den Markt. Zum Vergleich: In Nordamerika waren es 13 %. Deutschland sticht bei den Produkteinführungen besonders heraus: Knapp 8 % aller weltweit neu eingeführten Fleischalternativen kamen 2015 hierzulande in den Handel. Im Jahr zuvor waren es erst 3 %.
Viel bewegt sich im veganen Bereich: Weltweit stieg der Anteil rein pflanzlicher Produkte an allen neu eingeführten Fleischalternativen von 8 % im Jahr 2012 auf 38 % im Jahr 2015. An dieser Entwicklung sind ebenfalls deutsche Produzenten maßgeblich beteiligt – 2015 kamen fast 12 % aller neu entwickelten veganen Fleischalternativen aus Deutschland. Die USA liegen mit knapp über 3 % auf dem zweiten Platz.
Pflanzliche Proteinquellen immer beliebter
In vegan-vegetarischen Fleischalternativen stecken weltweit vor allem Sojaprotein (56 %) und Weizenprotein (53 %), häufig auch in Kombination miteinander. Zunehmend Verwendung findet das Erbsenprotein, welches im Zeitraum von 2014 bis 2015 in 9 % aller Fleischalternativen genutzt wurde – dies entspricht einem Anstieg von 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Nüsse und Samen sind als Zutaten in Fleischalternativen ebenfalls im Kommen, z. B. in den Burger-Bratlingen aus Gemüse und Cashews von Goodlife Foods und den Hanfsamen-Burgern von Good Seed.
Dass die Alternativprodukte dem Interesse der Konsumenten entsprechen, zeigt eine Umfrage: Demnach haben 59 % der befragten Deutschen bereits Produkte aus alternativen Proteinquellen genutzt. Weitere 20 % bekundeten Interesse daran.
Bemerkenswert ist die Rolle proteinreicher Algen, die laut Mintel immer häufiger nachgefragt werden. 23 % der Befragten haben entsprechende Produkte bereits probiert, 35 % sind an ihnen interessiert. »Algen werden als Superfood immer populärer«, erklärt die Mintel-Studie. Sie werden sowohl als Basiszutat genutzt als auch in Fleischalternativen wie etwa den Viva Maris Algen-Burgern.
Abwechslungsreiche Geschmacksrichtungen
35 % der Konsumenten von Fleischalternativen in den USA bemängeln laut Mintel, dass alle Fleischalternativen gleich schmecken würden. Produzenten begegnen dieser Kritik, indem sie Fleischalternativen auf den Markt bringen, die aktuell gefragte Aromen und Geschmacksrichtungen sowie internationale Küchentrends aufgreifen. Beispiele dafür sind das Terra Vegane Mexican Ground Chorizo oder das Tofurky Thai Basil Slow Roasted Chick’n.
Werbung: Vegane Claims nehmen zu
Die Produzenten vegan-vegetarischer Produkte möchten, dass ihre Waren von möglichst vielen Zielgruppen wahrgenommen werden – deshalb platzieren sie entsprechende Claims auf ihren Artikeln. Hierbei ist laut Mintel ein interessanter Trend zu beobachten: Während die Anzahl der vegetarischen Claims seit 2013 sinkt, drängen immer mehr Produkte mit veganen Werbeslogans auf den Markt. Während 2010 unter 1 % der weltweit neu eingeführten Lebensmittel mit einem »Vegan«-Schriftzug versehen wurden, waren es 2015 bereits etwa 3 %.
Auch der Proteingehalt eines Produkts wird gerne als Verkaufsargument angeführt. Dadurch entwickeln sich die Fleischalternativen zum direkten Konkurrenten für tierische Produkte und brechen mit dem Glauben, Protein sei nur dort in großen Mengen enthalten. Entsprechende Claims, die direkt an den Produkten angebracht sind, lauten z. B. »gute Proteinquelle« oder »19 g Protein pro Portion«.
Im Kommen: Natürliche Produkte ohne Zusatzstoffe
Laut Mintel glauben 42 % der US-Amerikaner, dass Fleischalternativen zu stark verarbeitet sind. Diesem Eindruck wollen die Produzenten entgegenwirken, indem sie ihre Artikel als »natürlich« und »gesundheitsfördernd« bewerben. Dies ist auch in Europa der Fall: Der Studie zufolge ist dort der Anteil der mit den Claims »ohne Zusatzstoffe« bzw. »ohne Konservierungsstoffe« beworbenen Produkte stark angewachsen: Von 13 % im Jahr 2012 auf 23 % im Jahr 2015.
Milchalternativen aus vielfältigen Rohstoffen
Die Produzenten von Milchalternativen greifen auf zahlreiche Zutaten zurück. Nach wie vor führen allerdings Soja- und Mandelprodukte den Markt an: Mintel zufolge stieg der Anteil der Mandelmilch an den 2015 neu eingeführten Milchalternativen auf knapp über 5 % (2010 lag der Anteil nur bei etwa 0,5 %). Zudem drängen auch immer mehr Produkte aus anderen Rohstoffen auf den Markt. Beispiele dafür sind Kokosnuss-, Cashew- oder Quinoamilch sowie die »Not Milk« des chilenischen Start-Ups Not Company. Sie besteht aus Mandeln, Erbsen, Reis, Nüssen, Leinsamen, Kokosnuss und Vanille. Die Produkte des Unternehmens, zu denen auch »NotYogurt« und »NotCheese« gehören, werden 2017 zunächst in Chile eingeführt.
Fazit: Vegane Produktpalette weitet sich aus
Die Fachleute von Mintel gehen davon aus, dass die wachsende Beliebtheit alternativer Ernährungsformen dazu führt, dass die Entwicklung vegan-vegetarischer Produkte noch weiter zunimmt. Für dieses Jahr erwarten sie zahlreiche Produktneuheiten, bei denen pflanzliche Zutaten im Mittelpunkt stehen. Wir hoffen ebenfalls auf Innovationen, denn einige Produkte auf dem Markt sind inzwischen etwas angestaubt und bilden nicht ab, was heutzutage möglich ist.