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Wegweisende Entwicklungen im LEH und Tierschutz

Der 25. Juni 2021 war ein wichtiger Tag für den Tierschutz in Deutschland. Fast alle großen Lebensmitteleinzelhändler haben an diesem Tag beschlossen, in Zukunft kein Billigfleisch mehr zu verkaufen und die Haltungsform-Stufe 3 zum neuen Mindeststandard zu machen.


Aldi Nord und Aldi Süd eröffneten den Tag mit ihren Ankündigungen, bis 2030 für Masthühner, Schweine, Puten und Rinder aus den Haltungsform-Stufen 1 und 2 auszusteigen. Bei dieser Entscheidung, Billigfleisch aus den Regalen zu nehmen, spricht Aldi zu Recht von einem »Haltungswechsel«, der sich sowohl auf die Haltung des Unternehmens als auch auf die Haltung der Tiere bezieht.


Kurz nach dieser Ankündigung informierte uns der Vorstandsvorsitzende der Rewe Group, Lionel Souque, dass auch Rewe und Penny bis Ende 2030 im gesamten Eigenmarken-Sortiment ausschließlich Fleisch der Haltungsstufen 3 und 4 anbieten werden. Edeka vermeldete, sich ebenfalls anzuschließen. Leider ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar, ob diese Ankündigung für die gesamte Edeka-Gruppe gilt und welche Tierarten gemeint sind. Wir sind hier auf weitere Details aus der Firmenzentrale gespannt – genauso wie auf eine Positionierung der Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland. Lidl hatte bislang angekündigt, die Haltungsstufe 2 ab dem Jahr 2025 als Mindeststandard zu etablieren.

Käfigverbot in der EU

Eine weitere maßgebliche Entscheidung für den Tierschutz folgte nur fünf Tage nach den Ankündigungen von Aldi und Rewe: Die EU-Kommission kündigte ein EU-weites Verbot für Käfige in der landwirtschaftlichen Tierhaltung an. Bis Ende 2023 wird sie einen Legislativvorschlag vorlegen, »um die Verwendung von Käfigsystemen bei Hühnern, Sauen, Kälbern, Kaninchen, Enten, Gänsen und anderen »Nutztieren« schrittweise zu beenden und schließlich zu verbieten.« Dies ist eine historische Entscheidung, die über 300 Millionen Tiere betrifft und die grausamste aller Haltungsformen beenden kann, wenn der politische Prozess weiter so erfolgreich läuft wie bislang.

Worauf es jetzt ankommt

Die Haltungsform-Stufen 3 und 4 sind noch lückenhaft. Beispielsweise gibt es nur Kriterien zur Schweinemast, nicht aber zu den sogenannten Zuchtsauen sowie zur Aufzucht von Ferkeln. Auch das Thema Qualzucht wird bislang nur rudimentär für Masthühner und Puten sowie gar nicht für Schweine und Rinder abgedeckt. Auch ein Ende der Verstümmelungen (Abtrennen von Ringelschwänzen, Schnabelspitzen etc.) fehlt noch. Zudem müssen die Tierschutzstandards im Bio-Bereich deutlich angehoben werden, damit die tatsächlichen Zustände in der Biohaltung zumindest ansatzweise den Erwartungen von Verbrauchern gerecht werden. Um diese und andere Themen werden Wirtschaft, Politik und NGOs ringen müssen, damit es zu einem weitreichenden Umbau der »Nutztierhaltung« kommt.

Wie geht es weiter?

Die Entwicklungen der letzten Woche des Juni 2021 können einen massiven Umbau der Tierhaltung in Deutschland und in der EU nach sich ziehen. Die deutlich höheren Tierschutzstandards werden zu höheren Preisen und kleineren Produktmengen führen: Erst kürzlich hat die Rabobank für die Niederlande berechnet, dass das Produktionsvolumen von Masthühnern aufgrund bevorstehender Haltungsumstellungen um 20 % sinken wird.


Ganzheitlich betrachtet ist das der richtige Weg – denn auch die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit profitieren, wenn weniger Fleisch konsumiert wird und stattdessen alternative Proteinquellen aus Pflanzen, Fermentation und Zellkulturen in den Fokus rücken. Der LEH hat mit seiner Entscheidung somit eine Entwicklung angestoßen, die viele positive Auswirkungen weit über den Tierschutz hinaus haben wird.