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Jahresausblick 2023

Den baldigen Jahreswechsel nehmen wir zum Anlass, um auf Themen zu blicken, die im nächsten Jahr für die Lebensmittelwirtschaft zentral sein werden. Wir hoffen, Sie damit in Ihrer Jahresplanung unterstützen zu können.

Europäische Masthuhn-Initiative

Trotz eines schwierigen Marktumfelds ist die Initiative im Jahr 2022 weiter gewachsen:


Diagramm Masthuhn Unterstützer


Die 30 Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen hinter der Initiative fokussieren sich derzeit auf den LEH, wo Unternehmen erfahrungsgemäß länger als in anderen Branchen brauchen, um Commitments abzugeben. Trotzdem ist die Entwicklung in Europa schon sehr ansehnlich:


Infografik Länder


Auch in 2023 wird das Thema eine der höchsten Prioritäten für die NGOs haben. Unsere Hoffnung ist, die Kampagne www.lidl-fleischskandal.de bald beenden zu können. Dann würden wir uns auf andere Einzelhändler fokussieren. Je nach Entwicklungen besteht auch die Möglichkeit, dass wir die Lidl-Kampagne lange fortführen.


Wie gewohnt wird unsere Arbeit zur Masthuhn-Initiative auch in 2023 nicht nur konfrontativ sein: Unternehmen, die sich bereits angeschlossen haben und einige Lieferanten werden wir zu einem runden Tisch einladen, um Herausforderungen und Lösungen bei der Umsetzung zu besprechen.

Tierprodukte in den Lieferketten reduzieren

Die Ziele des Pariser Klimaabkommens können wir nur erreichen, wenn wir die Produktion von Tierprodukten deutlich reduzieren. Mit anderen Worten: Alle anderen Maßnahmen reichen selbst bei optimaler Umsetzung nicht aus, um die Ziele zu erreichen. Die Menge an Tierprodukten muss dringend gesenkt werden. Weitere Gründe wie Tierschutz, die menschliche Gesundheit und andere Formen der Umweltbelastung durch die Tierhaltung unterstreichen das.


Um Unternehmen bei dieser wichtigen Aufgabe zu helfen, haben wir das Programm Plant Potential ins Leben gerufen, das sich derzeit noch in der Pilotphase befindet und in 2023 allen interessierten Unternehmen offenstehen wird.

Ausstieg aus dem Kükentöten

Sowohl politisch als auch wirtschaftlich wird uns dieses Thema weiter beschäftigen. Politisch ist die große Frage, ob und wie das Tierschutzgesetz (§ 4c) diesbezüglich geändert werden wird. Aktuell ist nur das Töten der geschlüpften Küken verboten. Derzeit kann die Geschlechtsfrüherkennung im Ei also bis kurz vor dem Schlupf stattfinden. Ab dem 1. Januar 2024 soll dieses Verbot verschärft werden: die Geschlechtsfrüherkennung im Ei muss dann vor dem 7. Bruttag stattfinden, um ein Schmerzempfinden bei den Embryonen auszuschließen, wenn die Eier zerstört werden. Das Problem: derzeit gibt es noch kein marktreifes Verfahren, das dieses Kriterium erfüllen kann.


Die Mast der männlichen Küken ist aus Tierschutzsicht keine Lösung, denn die Bedingungen sind ungeregelt und fehlende Regeln führen erfahrungsgemäß immer zur Minimierung von Kosten sowie schlechten Bedingungen. Solange sich Zweinutzungsrassen nicht durchsetzen, ist die Früherkennung im Ei daher alternativlos. Nicht unwahrscheinlich erscheint uns das Szenario, dass es wissenschaftliche Erkenntnisse geben wird, die für ein späteres Eintreten des Schmerzempfindens bei den Embryonen sprechen, was dazu führen könnte, dass die Früherkennung auch noch einige Tage nach dem 7. Bruttag erlaubt werden wird.


Dass einige deutsche Unternehmen das Verbot des Kükentötens umgehen, indem sie Eier mit Kükentöten aus dem Ausland beziehen oder es ihren Lieferanten erlauben, Hennen mit Kükentöten aus dem Ausland zu beziehen, ist problematisch. Diesen Missstand werden wir weiter an die Öffentlichkeit bringen.

Rankings

Beliebt bei VerbraucherInnen und von großem Interesse für viele Unternehmen sind unsere Rankings. In 2023 wird es eine Neuauflage unseres Vegan-Rankings im LEH geben und in 2024 wird es mit unserem LEH-Tierschutzranking weitergehen. Zusätzliche Rankings prüfen wir derzeit.

Energiekrise und -kosten

Ob wir im Winter 2022/2023 eine gravierende Energiekrise erleben werden oder nicht, scheint vor allem von den Temperaturen abzuhängen. Wir halten uns hier mit Prognosen zurück. Mittelfristig dürften verschiedene Faktoren wie der Ausbau verschiedener Energie- und Wärmequellen, ein besserer Anschluss an den LNG-Weltmarkt und die Verbesserung von Effizienzen dazu führen, dass die Energiepreise zumindest ein Stück weit zurückkommen werden. Trotzdem sollten wir verstärkt hinterfragen, wie viel Energie wir in welchen Bereichen verbrauchen. Da es in der Regel deutlich mehr Energie benötigt, Tierprodukte zu produzieren als pflanzliche Alternativen, ist das Energiethema ein weiteres, das für die Reduktion von Tierprodukten spricht.


Nicht akzeptabel ist es, wenn Energiekosten und eine schwierige wirtschaftliche Gesamtsituation als Ausreden verwendet werden, auf die Qualzucht und Qualhaltung von Tieren zu setzen, um Energie und andere Kosten zu sparen. Die Lösung lautet: deutlich weniger Tierprodukte zu deutlich höheren Standards.

Politik

In Tierschutzfragen ist die Amtszeit von Cem Özdemir bislang eine Enttäuschung: Die Haltungskennzeichnung ist so simpel gestrickt, dass die wichtigsten Tierschutzfragen ignoriert werden. Ob und wie die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und/oder das Tierschutzgesetz verbessert werden, bleibt abzuwarten. Auch eine Strategie, um den Konsum und die Produktion von Tierprodukten zu reduzieren, gibt es noch nicht. Ob und wie die Ernährungsstrategie dieses Vakuum füllen wird, wird sich zeigen.


Auf europäischer Ebene steht die Überarbeitung diverser Tierschutz-Richtlinien und -Verordnungen an. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen signalisieren, dass sie für höhere Tierschutzstandards bereit sind – am besten durch proaktives Handeln, denn das nehmen die EntscheiderInnen in Brüssel besonders ernst.