Masthuhn-Report 2025: Neues Ranking der Lebensmittelwirtschaft
Pressemitteilung
Mit dem Masthuhn-Report 2025 veröffentlicht die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt heute ihre vierte umfassende Analyse der deutschen Lebensmittelbranche. Der Report zeigt: Während einzelne Unternehmen deutliche Fortschritte beim Tierschutz machen, fehlt es vielen Branchengrößen an Verbindlichkeit und Transparenz.
Für den neuen Masthuhn-Report 2025 hat die Albert Schweitzer Stiftung erstmals den Lebensmitteleinzelhandel, die Systemgastronomie, Caterer, Hersteller und Produzenten nach einer einheitlichen Methodik bewertet.
Analysiert wurden unternehmensweite Commitments, veröffentlichte Roadmaps, Fortschrittsberichte sowie dokumentierte Umstellungsmaßnahmen. Mithilfe eines standardisierten Scoring-Modells wird der Fortschritt jedes Unternehmens auf einer Skala von 0 bis 100 % sichtbar gemacht.
Obwohl sich bereits über 110 Unternehmen in Deutschland der Masthuhn-Initiative angeschlossen haben, lehnen einige der größten Player weiterhin ein verbindliches Commitment ab.


LEH: Globus überholt Tegut, Aldi Süd führt die Discounter an
Im Ranking der Supermärkte belegt Globus in diesem Jahr den Spitzenplatz. Mit einem Score von 77 % zieht das SB-Warenhaus am Konkurrenten Tegut vorbei, der mit 73 % leicht zurückfällt – unter anderem, weil sich dessen Commitment bislang nur auf Frischfleisch bezieht.
Am unteren Ende stehen Bartels-Langness, Hit, K+K und weiterhin Edeka – alle mit 0 %. Beim Marktführer dürfte sich diese Zahl jedoch bald ändern, denn der Edeka-Verbund hat jüngst neue Ziele zur Verbesserung des Tierschutzes veröffentlicht.
Unter den Discountern führt Aldi Süd mit 70 % das Feld an, dicht gefolgt von Aldi Nord (63 %) und Penny (57 %). Lidl (40 %) hat sich erst nach Ende des Erhebungszeitraums zu den Kriterien der Masthuhn-Initiative bekannt, signalisiert mit einer ambitionierten Roadmap und konkreten Zielen jedoch einen klaren Kurswechsel.
Eine traurige Ausnahme bleibt Netto ApS: Der dänische Discounter verweigert bislang jegliche Tierschutz-Ziele und landet mit 0 % auf dem letzten Platz. Auch Netto Marken-Discount liegt derzeit noch am unteren Ende des Rankings, doch mit der neuen Tierschutzstrategie des Mutterkonzerns Edeka ist hier eine baldige Verbesserung zu erwarten.


Systemgastro: McDonald’s und Burger King bleiben Schlusslichter
In der Systemgastronomie zeigt der Masthuhn-Report 2025 einen besorgniserregenden Abwärtstrend. Besonders enttäuschend: McDonald’s und Burger King – beide mit 0 % auf dem letzten Platz – verzichten trotz ihrer enormen Marktmacht weiterhin auf ein klares Commitment.
»Dass ausgerechnet die Marktführer so wenig Interesse an einer Verbesserung der Haltungsbedingungen von Masthühnern zeigen, ist alarmierend«, sagt Esther Erhorn, Leiterin Lebensmittel-Fortschritt bei der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. »McDonald’s plant zwar eine teilweise Umstellung auf Haltungsform 2, doch zentrale Probleme wie Überzüchtung, zu hohe Besatzdichten und fehlendes Beschäftigungsmaterial bleiben dabei völlig ungelöst.«
Dass es anders geht, beweisen Dean & David und L’Osteria: Mit jeweils 73 % setzen sie ihr Bekenntnis zur Masthuhn-Initiative konsequent um. Beide Unternehmen konnten sich im Vergleich zum Vorjahr dank transparenter Roadmaps und detaillierter Fortschrittsberichte um 29 Prozentpunkte verbessern.
Hersteller: Dr. Oetker führt, Eismann bleibt Außenseiter
Lebensmittelhersteller tragen über ihre Einkaufsentscheidungen maßgeblich zur Etablierung höherer Tierschutzstandards bei. Dieser Verantwortung wird im Jahr 2025 vor allem Dr. Oetker gerecht: Mit einem Score von 93 % liegt das Unternehmen klar an der Spitze. Auch Frosta (70 %) überzeugt mit deutlichen Fortschritten und lässt die Wettbewerber weit hinter sich.
Am unteren Ende des Rankings liegt, wie auch im vergangenen Jahr, Eismann mit 0 %. »Der Tiefkühlspezialist bleibt der große Außenseiter der Branche«, bemerkt Esther Erhorn. »Dabei könnte Eismann mit einem klaren Bekenntnis zur Masthuhn-Initiative, einer Roadmap, einem Reporting und überprüfbaren Fortschritten nicht nur unternehmerische Verantwortung demonstrieren, sondern auch Kundenwünsche erfüllen und qualitativ hochwertigere Ware anbieten. Wir hoffen auf eine baldige Zusammenarbeit.«
Recht überraschend beförderte sich Unilever ins Aus: Kurz vor der Veröffentlichung des Masthuhn-Reports verschwand das Commitment von der Unternehmenswebseite. Da Unilever jedoch nur noch ein einziges Produkt mit Hühnerfleisch im Sortiment hat, ist die Relevanz für die Masthuhn-Initiative vergleichsweise gering.


Caterer: Aufwärtstrend mit Hindernissen
Die Cateringbranche zeigt 2025 das größte Engagement für die Masthuhn-Initiative: 21 große Contract-Caterer und Eigenregie-Unternehmen haben sich mittlerweile zu besseren Tierschutzstandards verpflichtet.
Sodexo (70 %), Apetito (67 %) und Compass (57 %) setzen mit Roadmaps und Fortschrittsberichten deutliche Zeichen und sind im Aufwärtstrend. Doch bei einigen anderen stagnieren die Bemühungen und die praktische Umsetzung geht oft nur schleppend voran.
Esther Erhorn sieht die Verantwortung hierfür nicht allein bei den Unternehmen: »Der hohe Kostendruck in der Krankenhaus-, Schul- und Kitaverpflegung sowie das begrenzte Angebot an tierschutzkonformer Ware bremsen viele Caterer aus. Doch auch in diesen sensiblen Bereichen dürfen wir beim Tierschutz keine Kompromisse machen. Es braucht neben unternehmerischem Engagement auch politischen Willen, um faire Rahmenbedingungen zu schaffen.«
Produzenten: Plukon glänzt, Rothkötter versagt
Mehr politischen Willen wünschen sich auch die Lebensmittelproduzenten, die als Rückgrat der Lieferkette zentrale Akteure für die Umsetzung besserer Tierschutzstandards sind. Lob verdienen hier trotz aller Hindernisse Plukon (87 %), PHW / Lohmann (77 %) und LDC (77 %). Sie zeigen mit Transparenz und starken Konzepten, wie ein Umbau zu mehr Tierschutz gelingen kann.
Problematisch ist jedoch die Haltung von Unternehmen wie Rothkötter (0 %) und Sprehe (0 %), die sich dem Fortschritt vollständig verweigern. Dabei zählen sie zu den größten Geflügelproduzenten Deutschlands und tragen somit besondere Verantwortung.
Unternehmen müssen ihre Marktmacht für den Tierschutz nutzen
»Der Masthuhn-Report 2025 zeigt, dass Veränderungen möglich sind, wenn Unternehmen Verantwortung übernehmen«, sagt Esther Erhorn. »Wir sehen Erfolgsgeschichten wie bei Dr. Oetker und Hans im Glück, stoßen jedoch auch auf Widerstand wie bei McDonald’s und Rothkötter. Solange aber marktprägende Player den Umbau blockieren, ist es für alle anderen umso schwerer, ihre Ziele zu erfüllen, und Millionen Tiere müssen weiter unter Qualzucht und schlechten Haltungsbedingungen leiden. Wir erwarten, dass alle Unternehmen der Verantwortung für ihre Lieferketten gerecht werden und Maßnahmen für mehr Tierschutz bei Masthühnern umsetzen.«
Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt bleibt im Austausch mit allen Unternehmen, unter anderem auch beim jährlich stattfindenden Branchen-Event »Runder Tisch der Albert Schweitzer Stiftung«. Am heutigen 12. November diskutieren wir mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Lebensmittelwirtschaft, Politik und Wissenschaft über die Zukunft der landwirtschaftlichen Tierhaltung sowie die Ernährungssysteme in Deutschland.
Über den Masthuhn-Report
Der Masthuhn-Report dokumentiert seit 2022 die Fortschritte der Lebensmittelwirtschaft beim Tierschutz in der Hühnermast. Bewertet werden Unternehmen aus fünf Schlüsselbranchen anhand von Kriterien wie Platzangebot, Zuchtlinien, Betäubung oder Schlachtung. Die Punktevergabe erfolgt anteilig gewichtet für die Selbstverpflichtung zu den Kriterien der Masthuhn-Initiative, für Reportings, für Roadmaps und für bereits umgesetzte Fortschritte. Als Datengrundlage werden von den Unternehmen datierte, aktuelle Informationen verwendet. Alle am Ranking beteiligten Unternehmen werden vorab informiert und haben die Möglichkeit, öffentliche Informationen zu ergänzen. Ziel des Masthuhn-Reports ist es, Tierschutz messbar zu machen und einen nachhaltigen Wandel in der Lebensmittelwirtschaft voranzutreiben.
Über die Masthuhn-Initiative
Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehr als 600 Millionen Hühner gemästet und getötet – das sind über 80 % aller geschlachteten Landtiere. Die meisten dieser Tiere wachsen so schnell, dass sie sich kaum auf den Beinen halten können. Die triste und enge Stallumgebung sorgt für zusätzliches Leid. Um dieses zu lindern, hat die Albert Schweitzer Stiftung mit anderen europäischen Tierschutzorganisationen die Masthuhn-Initiative ins Leben gerufen, an der heute europaweit 37 Organisationen mitarbeiten. Neben den Kriterien des European Chicken Commitment (ECC) akzeptiert die Stiftung von Unternehmen auch den Wechsel auf Haltungsform 3 mit einigen Zusatzkriterien. Beides verringert die Überzüchtung der Tiere und sorgt in den Ställen für mehr Platz, Licht und Abwechslung. Eine weitere wichtige Vorgabe ist eine zuverlässigere und weniger stressvolle Betäubung vor der Schlachtung.