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Vegan-Franchise: Swing Kitchen in Deutschland

Seit 2015 ist die Quick-Service-Kette »Swing Kitchen« in Österreich aktiv. An mittlerweile fünf Standorten in Wien und Graz servieren Karl und Irene Schillinger nachhaltiges veganes Fast Food. Mitte November 2018 starten sie mit zwei Filialen in Berlin auch in Deutschland. Wir haben mit den beiden Gastronomen über ihr erfolgreiches Franchise-Konzept gesprochen.


Herr und Frau Schillinger, wie und warum haben Sie das Konzept der »Swing Kitchen« entwickelt?


Karl Schillinger: Ich war ein Wirtshauskind und habe als Ältester das Lokal meiner Eltern in der Nähe von Wien übernommen. Meine Frau und ich haben damit begonnen, in diesem Wirtshaus vegan zu experimentieren. Die eigentliche Initialzündung war dann 2001, als meine Frau ein veganes Cordon Bleu entwickelt hat, das so sensationell gut und zu dieser Zeit außergewöhnlich war, dass Gäste aus der ganzen Welt zu uns gekommen sind, um es zu probieren. Meine Frau hat daraufhin viele neue Speisen erfunden wie etwa veganes Wildragout, Kotelett oder Gulasch.


Nachdem all das so gut lief, überlegten wir, das Konzept nach Wien zu übertragen. Uns war von Anfang an klar, dass wir das vielleicht ein oder zwei Mal schaffen, dann aber an unsere Grenzen stoßen würden, da wir ein extrem hohes Augenmerk auf das Handwerkliche sowie auf Tagesaktualität und Regionalität gelegt haben.


Uns fiel auf, dass unsere Gäste besonders an den Burgern und Beilagen interessiert waren. Das hat uns auf die Idee gebracht, mit diesen Speisen ein systemgastronomisches Konzept zu entwickeln, das viel leichter zu skalieren wäre und die Eröffnung von wesentlich mehr Filialen ermöglichen würde.


Wie sind Sie an die Umsetzung des Konzepts herangegangen?


Karl Schillinger: Wir wollten unsere Idee von Anfang an optimal umzusetzen. Deshalb haben wir drei bis vier Jahre an dem Konzept und an allen noch so kleinen Abläufen gefeilt. Am 31. Januar 2015 haben wir dann unsere erste Filiale eröffnet. Der Ablauf war von Anfang an so perfekt, dass wir ab der dritten Stunde operativ positiv waren.


Irene Schillinger: Wir mussten von Beginn an nichts verändern, alles war fix und fertig, weil wir soviel Zeit in die Entwicklung und ein ausgereiftes Konzept gesteckt haben. Nichts haben wir dem Zufall überlassen, bis hin zur Beschallung, der Art der Musik-Kulisse.


Was sind Ihre Alleinstellungsmerkmale gegenüber ähnlichen Gastronomiekonzepten?


Karl Schillinger: Der wichtigste Punkt ist vielleicht der, dass wir bei jedem einzelnen Teil darauf geachtet haben, die grünste, ökologischste Option einzusetzen. So haben wir nicht darauf geachtet, welche Getränke gerade »in« sind, sondern wie man diese nachhaltig, mit besten Zutaten sowie in nachhaltigen Verpackungen anbieten kann. Genauso war es auch mit dem Innenausbau – nie haben wir gefragt, was das Günstigste ist. Stattdessen haben wir uns auf die ökologischsten Lösungen konzentriert.


Irene Schillinger: Gleichzeitig haben wir auch auf Massentauglichkeit geachtet, weil wir möglichst viele Menschen erreichen wollten. Unser innerster Antrieb ist es, Menschen zu zeigen, dass ökologisches, zukunftsorientiertes Handeln und pflanzliche, nachhaltige Konzepte absolut mit Genuss zu vereinbaren sind. All das ist ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit viel Freude möglich. Mit hochwertigem Essen, mit gutem Geschmack, kann man Menschen wesentlich besser erreichen. Wenn erstmal der Magen überzeugt ist, kommt oft auch der Verstand hinterher.


Karl Schillinger: Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Konzepten ist auch, dass wir alle Produkte selbst entwickelt haben. Unsere Himbeer-Schorle beispielsweise gibt es nirgendwo sonst. Auch bei Burger-Buns und Saucen zeigt sich der Unterschied: bei uns sind die nicht gesüßt. Wir wollen den puren Geschmack in die Speisen bringen, daher gibt es auch keine Geschmacksverstärker oder Ähnliches. Bei uns ist der Zucker nur in den Desserts.


80 % Ihrer Gäste leben nicht vegan. Was ist aus Ihrer Sicht der Grund dafür, dass so viele »Omnis« in die Swing Kitchen kommen?


Karl Schillinger: Das Hauptargument ist unser Preis-Leistungsverhältnis. Wir mögen zwar nicht ganz so billig sein wie unsere amerikanische Konkurrenz, im Segment der Gourmet-Burger sind wir jedoch günstig. Unsere Gäste bekommen ein Menü für unter 10 € und sind damit satt.


Der zweite Punkt ist, dass wesentlich mehr Frauen zu uns kommen als Männer. Sie wurden bisher im Bereich des Quick-Snacks, des Mittags-Service, völlig vernachlässigt. All die Konzepte am Markt wirken eher »maskulin«. Für Frauen gibt es bei uns keine Hemmschwellen. Sie kommen auch gerne alleine zu uns, fühlen sich wohl, setzen sich an unseren Gesellschaftstischen zu anderen dazu und können dort ihre Pause genießen. Diese Kundinnen waren zuvor in der Regel im Supermarkt und dort auf Salatschalen angewiesen.


Wie handhaben Sie in der Swing Kitchen die Kennzeichnung und die Produkt-Benennung? Wie gehen Sie mit dem Begriff »vegan« um?


Irene Schillinger: Menschen, die noch Berührungsängste mit dem Begriff »vegan« haben, wollen wir nicht verschrecken. Die Kommunikation sollte so niedrigschwellig wie möglich stattfinden, daher haben wir auch davon abgesehen, das Wort »vegan« direkt in die Marke zu nehmen. Wir verwenden auch ganz bewusst gewohnte Begriffe, die es dem Kunden ermöglichen, sich von dem Gericht ein klares Bild zu machen. Zusätzlich geben wir unseren Burgern kreative Namen wie z. B. »Vienna Burger«. Die Zutaten beschreiben wir dann genauer in unserem Menü.


Laut Dr. Pat Brown (Impossible Foods) sollen pflanzliche Fleischalternativen bis 2035 sämtliche konventionellen Fleischprodukte ersetzen. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft für vegane Produkte aus?


Irene Schillinger: Wir teilen die Prognosen, wonach Alternativprodukte konventionelles Fleisch ablösen werden. Irgendwann wird es einfach keinen Grund mehr geben, Fleisch zu kaufen. Wenn Produkte genauso gut oder besser schmecken, gleichzeitig aus ökologischer Sicht um Welten besser abschneiden und – auch dieser Trend zeichnet sich klar ab – günstiger sind, wird es keinen Grund mehr geben, zu Fleisch von geschlachteten Tieren zu greifen (Anm.: siehe »Fleisch aus Zellkulturen«). Was auch noch gesagt werden muss: im Allgemeinen sind diese Alternativen auch gesünder als Produkte tierischen Ursprungs.


Man hat also nicht nur keinen Nachteil, sondern zusätzliche Vorteile, die mit dem Genuss einhergehen. Alles, was uns derzeit noch abhält, ist Tradition und Gewohnheit. Steigt die Nachfrage und damit die Vielfalt und Qualität der Produkte, ändern sich auch die Gewohnheiten. Alteingesessene Verhaltensweisen können und werden sich so verschieben.


Was sind die größten Herausforderungen oder Hemmnisse, die der Verbreitung veganer Konzepte derzeit noch im Weg stehen? Und was sind Ihrer Einschätzung nach die größten Fehler, die Unternehmen bei der Einführung veganer Produkte oder Konzepte begehen?


Karl Schillinger: Für uns ist derzeit die Verfügbarkeit brauchbarer Lagen der größte Bottleneck. In Wien beispielsweise sind gute Lagen mit teils horrenden Ablösesummen behaftet. Wir kommen jedoch langsam in einen Kreis von bevorzugten Unternehmen, die von Immobilienmaklern angeschrieben werden, sobald eine entsprechende Immobilie frei wird. Das ist ein Privileg, das sonst vor allem alteingesessenen internationalen Unternehmen vorbehalten bleibt. In Deutschland ist dies jetzt, zu Beginn unseres Engagements hier, noch nicht der Fall. Wir könnten wesentlich schneller wachsen, wenn wir die passenden Immobilien dazu hätten.


Irene Schillinger: Zu der Frage, was Unternehmen oft falsch machen: Häufig wird die Zielgruppe völlig falsch eingeschätzt. Hier wird viel zu oft auf eine verschwindend kleine Randzielgruppe gesetzt: auf Allergiker, Gesundheitspuristen, die wenig Würzung wünschen, etc. Bei vielen Produkten denke ich mir als Langzeit-Veganerin, »Das schmeckt eklig« oder »Hat das irgendjemand probiert, bevor es den Weg ins Regal gefunden hat?«. Hier ist noch gewaltig viel zu tun. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass es bereits viele sehr gute Produkte im LEH gibt.


Karl Schillinger: Ein weiterer Fehler ist die fehlende Kapitalausstattung. Um erfolgreich und schnell agieren zu können, braucht es entsprechendes Equipment. Wir haben von Anfang an großen Wert auf hochwertige Technik gelegt. Bei uns sind die Abläufe und die dahinterliegende Technik so ausgerichtet, dass wir für Mitarbeiter und Kunden einen reibungslosen Service anbieten können. Der, wenn man so will, »Nachteil« an derartigen Konzepten ist, dass man einen gewissen Umsatz benötigt. Deshalb können wir uns Lagen, die in versteckten Seitengassen liegen, nicht leisten. Da müssen wir in die Frequenz gehen.


Gibt es politische oder gesellschaftliche Hürden, die einem noch größeren Erfolg veganer Produkte und Konzepte derzeit noch im Wege stehen?


Karl Schillinger: Ich bin überzeugt, dass der Handel selbst die gesellschaftlich notwendigen Veränderungen einleiten kann. Wenn er es schafft, qualitativ hochwertige Produkte in der Breite anzubieten, wird deren Erfolg durchschlagend sein. Sobald Menschen dann bereits zum Großteil vegetarisch leben, werden sie sich auch mit dem Thema Tierethik befassen. All das sind Entwicklungen, die nicht mehr umkehrbar sind.


Wenn einmal 50 % der Bevölkerung das Töten von Tieren ablehnen, was denken Sie, was dann los sein wird? Die Politik schafft es nicht, diese Probleme zu lösen, ist mit den meisten Veränderungen oder gar ethischen Fragen überfordert und hat ganz andere Probleme – nämlich in drei, vier oder fünf Jahren wiedergewählt zu werden. Veränderungen kann aus meiner Sicht nur die Wirtschaft herbeiführen und das wird sie auch tun.


Irene Schillinger: Gesellschaftliche Veränderung findet über die Konsumenten statt. Das ist eines der demokratischsten Mittel, die uns zur Verfügung stehen. Wählen gehen wir alle paar Jahre, wir entscheiden aber täglich, was, wie, wo produziert werden soll. Hier können wir alle unsere Stimme abgeben und, im Gegensatz zur Politik, sofort eine Entscheidung umsetzen. Natürlich bedarf es aber fairer Rahmenbedingungen. Stichworte sind dabei z. B. die Zulassung von bekannten Bezeichnungen für Fleisch- oder Milchalternativen und Mehrwertsteuersätze.


Gibt es Punkte, die aus Ihrer Sicht zum Thema »Nachhaltigkeit« unbedingt beachtet werden sollten?


Irene Schillinger: Neben der Gestaltung von Einrichtung, Verpackungsmaterial, Energieeffizienz der Technik und natürlich der Beschaffung pflanzlicher Lebensmittel, halte ich die Sorge um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für einen oft vernachlässigten Aspekt zum Thema Nachhaltigkeit. Wertschätzender, respektvoller Umgang miteinander hat bei uns einen hohen Stellenwert.


Karl Schillinger: Auch im Umgang mit den Lieferanten legen wir hohen Wert auf ein freundschaftliches Verhältnis. Hier unterscheiden wir uns grundlegend von Mitbewerbern. Bei uns gibt es auch nicht den sonst in der Branche oft hingenommenen Druck auf unsere Partner.


Welche Möglichkeiten bietet »Swing Kitchen« für interessierte Gastronomen und Investoren?


Karl Schillinger: Wir starten in Berlin Mitte an zwei tollen Standorten und freuen uns, wenn interessierte Gastronomen sich das Konzept vor Ort ansehen. Sobald die beiden Läden unseren Erwartungen entsprechend gut laufen, laden wir dazu ein, mit uns gemeinsam die Stadt weiter im Franchise aufzurollen. Auch kleinere Städte können wir unter diesem Gesichtspunkt besprechen.


Möglich ist es auch, ganze Länder anzugehen. Wir haben beispielsweise einen Franchisenehmer gefunden, der eine Filiale in Bern eröffnet. Sofern der Standort gut funktioniert, erhält er den Zuschlag für die gesamte Schweiz. Dasselbe können wir uns auch gut für andere Regionen oder Länder vorstellen, die derzeit noch keinen großen Fokus haben – Bayern oder die Niederlande zum Beispiel. In den veganen »Hauptstädten« Berlin, Wien, London und Hamburg werden wir selbst aktiv sein. Am schnellsten wachsen können wir aber mit zusätzlichen Filialen im Franchise-System.


Gerne sprechen wir auch mit Großinvestoren darüber, ein großes Land aufzurollen, vielleicht in Übersee. Dabei würden wir uns um alles kümmern, Know-How und Management zur Verfügung stellen und für diese Leistung entsprechende Royalties erhalten. Für Interessierte ist das ein idealer Zeitpunkt, sich mit einem großartigen Konzept zu profilieren. Wir nennen diese Option »Franchise Plus« und freuen uns auf entsprechende Kooperationen.